Gott ist gnädig und gerecht
Einführung
Die Schlagzeilen in den Medien empören sich immer wieder über Richter, die angeblich zu „milde“ und nachgiebig sind und keine, den Delikten angemessenen, Strafen verhängen.
Während meiner Zeit als Anwalt fiel mir auf, dass die Anwaltschaft Richtern wenig Respekt entgegenbrachte, die als zu milde angesehen wurden. Wir erwarten von Richtern, dass sie Gerechtigkeit üben, und nicht, dass sie gnädig sind.
Auf der anderen Seite rechnen wir aber in unserem persönlichen Umfeld damit, dass man uns „gnädig“ ist. Liebevolle Eltern haben Mitleid mit ihrem Kind. Wir erwarten, dass Freunde Mitleid mit einander haben. Gerechtigkeit und Gnade passen oft nicht zusammen. Wir sehen sie als entweder – oder. Entweder Gerechtigkeit oder Gnade, beides gleichzeitig geht nicht.
Und doch ist Gott beides: ein Gott, der richtet und auch ein Gott, der barmherzig ist. Wie schafft Er es, zwei scheinbar unvereinbare, gegensätzliche Eigenschaften in Sich zu vereinen? Die Antwort liegt im Opfer Jesu, durch das Gott Gerechtigkeit mit Gnade verbinden kann.
Als ich zum Glauben an Jesus Christus gekommen war, half mir eine Veranschaulichung, um besser zu verstehen, was Er am Kreuz für uns erwirkt hat: Zwei Menschen besuchten dieselbe Schule und später auch dieselbe Universität. Es entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden. Das Leben ging weiter und ihre Wege trennten sich; sie verloren sich aus den Augen. Der eine wurde Richter, während der andere aus der Spur und schließlich auf die schiefe Bahn geriet. Eines Tages stand er vor dem Richter. Er war eines Verbrechens angeklagt, dessen er sich schuldig bekannte. Der Richter erkannte in dem Angeklagten den alten Freund und hatte ein Dilemma; dasselbe, das Gott mit uns hat.
Er war Richter und musste für Gerechtigkeit sorgen; er konnte den Mann nicht einfach ungeschoren davonkommen lassen. Andererseits, wollte er auch Gnade walten lassen. Er verurteilte ihn also zu einer der Tat angemessenen Geldstrafe. Soweit die Gerechtigkeit. Dann kam er von seinem Richterstuhl herunter und schrieb einen Scheck über dieselbe Summe aus. Diesen gab er seinem Freund mit den Worten, er würde seine Schuld(en) übernehmen. Das war ein Akt der Barmherzigkeit, der Gnade, der Liebe und ein Opfer.
Diese Veranschaulichung hinkt natürlich. Erstens ist unsere Not größer - die Strafe, die uns droht, ist der Tod. Die Beziehung ist enger – dein Vater im Himmel liebt dich mehr als alle menschlichen Eltern ihre Kinder lieben. Gott zahlte einen weit höheren Preis als eine Geldsumme – Er kam Selbst, um in Person Jesu die Strafe für die Sünde auf Sich zu nehmen.
Gott nimmt Sünde nicht auf die leichte Schulter, Er verurteilt uns, weil wir schuldig sind. Und dann in Seiner Gnade und Liebe kommt Er in Person Jesu Christi und begleicht die Schuld für uns alle. Durch das Opfer von Jesus am Kreuz ist Gott sowohl gnädig als auch gerecht.
Psalm 9,14–21
14 Hab auch Erbarmen mit mir, HERR!
Sieh doch, wie ich leide unter dem Hass meiner Feinde!
Ich stehe am Rand des Todes – bring mich in Sicherheit!
15 Dann will ich dich in der Stadt Zion loben.
Alle sollen hören, wie du mich gerettet hast.
16 Die Völker, die andere ins Verderben stürzen wollten,
sind in ihre eigene Falle gelaufen.
Ihr Netz haben sie gut versteckt ausgelegt
– und verstrickten sich am Ende selbst darin!
17 So hat der HERR bewiesen, wer er ist:
Er hat Gericht an den Gottlosen geübt!
Ihre Machenschaften ließ er ihnen zum Verhängnis werden.
18 Ja, die Unheilstifter werden im Totenreich enden,
alle Völker, die von Gott nichts wissen wollen!
19 Aber wer sein Recht nicht durchsetzen kann,
den hat Gott nicht vergessen.
Seine Hoffnung wird sich erfüllen,
auch wenn es zunächst nicht so scheint.
20 Greif ein, HERR!
Lass nicht zu, dass Menschen über dich triumphieren!
Ruf die Völker vor deinen Thron und sprich ihnen das Urteil!
21 Lass sie vor Angst erzittern, HERR,
und zeige ihnen, dass sie nur Menschen sind!
Kommentar
Verlass dich darauf: Gott ist gerecht
David weiß, dass Gott ein gerechter Gott ist. „Der Herr ist bekannt für seine Gerechtigkeit“ (9,17). Und er ruft Ihn auch um Gnade an: „HERR, sei mir gnädig …dass ich erzähle all deinen Ruhm“ (9,14-15; LUT).
In diesem Psalm treffen der Wunsch nach Gerechtigkeit und der Wunsch nach Gnade aufeinander. David betet, der Herr möge ihm gnädig sein, indem Er gerecht über seine Feinde urteilt: „Erhebe dich, Herr! … Die Völker sollen vor dir gerichtet werden!“ (9,20).
Bei Gerechtigkeit denken wir oft nur an Bestrafung. Gerechtigkeit aber ist auch etwas zutiefst Positives. Beim hebräischen Wort für Gerechtigkeit (mishpat) schwingt auch die Bedeutung von „etwas korrigieren” mit. Weil Gott gerecht ist, kann David voller Zuversicht sagen: „die Armen werden nicht für immer vergessen, die Hoffnungen der Notleidenden werden nicht auf ewig verloren sein!“ (9,19).
Gebet
Danke, dass Du, Herr, ein gerechter Gott bist. Danke, dass es eines Tages Gerechtigkeit für alle Menschen geben wird, die heute unter dem Unrecht der Welt leiden.
Matthäus 12,1–21
Gesetzlichkeit oder Liebe?
12 1 Zu der Zeit ging Jesus an einem Sabbat mit seinen Jüngern durch die Getreidefelder. Die Jünger waren hungrig und fingen an, Ähren abzureißen, um die Körner zu essen. 2 Als die Pharisäer das sahen, beschwerten sie sich bei Jesus: »Sieh dir das an! Was deine Jünger da machen, ist am Sabbat doch gar nicht erlaubt!«
3 Aber Jesus antwortete ihnen: »Habt ihr denn nicht gelesen, was König David tat, als er und seine Männer hungrig waren? 4 Er ging in das Haus Gottes, und gemeinsam aßen sie von dem Brot, das Gott geweiht war. Niemand außer den Priestern durfte das, David nicht und auch seine Männer nicht. 5 Habt ihr nicht außerdem im Gesetz gelesen, dass die Priester auch am Sabbat im Tempel Dienst tun und so die Sabbatvorschriften übertreten? Trotzdem sind sie frei von Schuld. 6 Und ich sage euch: Hier geht es um etwas Größeres als den Tempel. 7 Es heißt: ›Wenn jemand barmherzig ist, so ist mir das lieber als irgendwelche Opfer und Gaben‹. Hättet ihr verstanden, was das bedeutet, dann würdet ihr nicht Unschuldige verurteilen. 8 Denn der Menschensohn ist Herr über den Sabbat und kann somit entscheiden, was am Sabbat erlaubt ist.«
9 Nach diesen Worten ging er weiter und kam in ihre Synagoge. 10 Dort war ein Mann mit einer verkrüppelten Hand. Die Pharisäer fragten ihn: »Erlaubt das Gesetz Gottes, am Sabbat zu heilen?« Sie suchten damit einen Vorwand, um Anklage gegen ihn zu erheben.
11 Jesus antwortete: »Angenommen, jemand von euch besitzt ein Schaf und das fällt am Sabbat in eine Grube. Wird er es nicht sofort herausholen? 12 Und ein Mensch ist doch viel mehr wert als ein Schaf! Also ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun.«
13 Dann forderte er den Mann auf: »Streck deine Hand aus!« Er streckte sie aus, und die Hand war wiederhergestellt; sie war gesund wie die andere. 14 Da verließen die Pharisäer die Synagoge und fassten miteinander den Beschluss, Jesus zu töten.
Jesus erfüllt das Alte Testament
15 Jesus wusste, was die Pharisäer vorhatten, und ging von dort weg. Viele Menschen folgten ihm, und er heilte alle Kranken. 16 Er schärfte ihnen jedoch ein, kein Aufsehen um ihn zu erregen. 17 So sollte sich erfüllen, was Gott durch den Propheten Jesaja vorausgesagt hatte:
18 »Dies ist mein Diener, den ich erwählt habe.
Ich liebe ihn und freue mich über ihn.
Ich werde ihm meinen Geist geben,
und er wird den Völkern mein Recht verkünden.
19 Er kämpft und streitet nicht;
er lässt seine Stimme nicht durch die Straßen der Stadt hallen.
20 Das geknickte Schilfrohr wird er nicht abbrechen
und den glimmenden Docht nicht auslöschen.
Er wird das Recht schließlich zum Sieg führen.
21 Auf ihn werden die Völker ihre Hoffnung setzen.«
Kommentar
Nimm Jesu Gnade an
Manchmal versehen wir Pakete mit einem „Vorsicht - Glas“ Aufkleber. Hast du dich schon mal so gefühlt, als bräuchtest du so einen Aufkleber? Jesus ist da, wenn du dich so fühlst.
Jesus lehnt die Gesetzlichkeit der Pharisäer absolut und vollkommen ab (12,1-12) und zitiert den Propheten Hosea; gleichzeitig erfüllt Er dessen Prophetie: „Ich will, dass ihr barmherzig seid; eure Opfer will ich nicht“ (12,7, Hosea 6,6). Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit sind nicht dasselbe – tatsächlich sind sie Gegensätze. Jesus verstößt gegen das gesetzliche Verbot der Pharisäer, als er am Sabbat aus Barmherzigkeit, Liebe und Mitgefühl einen Mann heilt.
Jesus verbindet Gnade und Gerechtigkeit. Er erfüllt alle Verheißungen aus dem Alten Testament, die davon handeln, dass Gott den Völkern Gerechtigkeit bringen wird. Matthäus zitiert hier eine Prophetie Jesajas (Jesaja 42,1-4), die sich in Jesus erfüllte (12,18-21). „Er wird den Völkern Gerechtigkeit verkünden“ (12,18) und „die vollkommene Gerechtigkeit durchsetzen“ (12,20c).
Und doch ist Er voller Gnade, Liebe und Barmherzigkeit. „Er wird das geknickte Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen“ (12,20). Wir erleben Zeiten, in denen wir in körperlicher, emotionaler oder geistlicher Hinsicht zerbrechlich sind – wie ein „geknicktes Rohr“ oder ein „glimmender Docht“.
Jesus begegnet uns mit Barmherzigkeit, Liebe und Mitgefühl , wenn wir uns schwach und zerbrechlich fühlen. Er geht behutsam mit uns um, wenn wir zerbrechlich sind.
Jesus zitiert hier aus den so genannten Gottesknechtliedern in Jesaja 40-55. Diese Lieder handeln von dem Knecht, der sein Leben gibt und die Sünden auf sich nimmt (Jesaja 52,13-53,12).
In diesen Gottesknechtliedern sehen wir, wie Gottes Gnade und Gerechtigkeit zusammenlaufen. Die Welt wird in Ordnung gebracht, Ungerechtigkeit und Unterdrückung haben ein Ende, und die Bedürftigen und Gebrochenen werden befreit. Doch es ist Gott selbst, der das Opfer dafür bringt, der die Strafe und Konsequenz unserer Schuld auf Sich nimmt. Statt also vom Urteil Gottes zerschmettert zu werden, wirst du dadurch befreit. Am Kreuz treffen Gerechtigkeit und Gnade aufeinander.
Gebet
Jesus, ich danke Dir, dass Du als Knecht auf die Erde gekommen bist, bereit für mich zu leiden. Danke, dass durch Dein Opfer am Kreuz Gerechtigkeit und Gnade zusammenkommen.
1. Mose 31,1–55
Die Flucht
31 1 Eines Tages erfuhr Jakob, dass Labans Söhne über ihn schimpften: »Der Kerl ist ein Dieb! Alles hat er sich vom Vater unter den Nagel gerissen. Auf unsere Kosten ist er reich geworden!« 2 An Labans finsterer Miene bemerkte Jakob, dass auch sein Onkel nicht mehr so auf seiner Seite stand wie früher.
3 Da sprach der HERR zu Jakob: »Geh wieder zurück in das Land deiner Väter und zu deinen Verwandten! Ich stehe dir bei!«
4 Daraufhin ließ Jakob Rahel und Lea zu sich auf die Weide holen. 5 Er sagte zu ihnen: »Ich merke es eurem Vater an, er ist nicht mehr so gut auf mich zu sprechen wie früher. Aber der Gott meiner Väter hält zu mir! 6 Ihr wisst selbst, wie ich für euren Vater gearbeitet habe; meine ganze Kraft habe ich für ihn eingesetzt. 7 Trotzdem hat er mich betrogen und mir bestimmt zehnmal einen anderen Lohn gegeben, als wir vereinbart hatten. Aber Gott hat nicht zugelassen, dass er mir Schaden zufügen konnte. 8 Wenn Laban zu mir sagte: ›Die Gesprenkelten sind dein Lohn‹, dann warf die ganze Herde gesprenkelte Tiere. Und wenn er dann sagte: ›Du bekommst doch lieber die Gestreiften‹, dann gab es nur Gestreifte! 9 Dadurch hat Gott eurem Vater die Tiere genommen und sie mir gegeben.
10 Zu der Zeit, als die Tiere brünstig waren, hatte ich einen Traum. Ich sah, dass nur gestreifte, gesprenkelte und gescheckte Böcke die Tiere besprangen. 11 Ich hörte auch eine Stimme. Der Engel Gottes rief meinen Namen, und als ich ihm antwortete, 12 sagte er: ›Sieh zur Herde! Alle Böcke, die die Tiere bespringen, sind gestreift, gesprenkelt oder gescheckt. Das habe ich für dich bewirkt, denn ich habe gesehen, wie Laban dich betrügen wollte. 13 Ich bin der Gott, der dir in Bethel erschienen ist; du hast dort den Gedenkstein mit Öl begossen und mir ein Gelübde abgelegt. Verlass jetzt dieses Land und kehr in deine Heimat zurück!‹«
14 Rahel und Lea erwiderten: »Wir bekommen ja doch kein Erbe mehr von unserem Vater! 15 Er hat uns wie Fremde behandelt, verkauft hat er uns und den Gewinn für sich selbst eingestrichen. Was haben wir denn davon gehabt? Nichts! 16 Darum gehört der ganze Reichtum, den Gott unserem Vater weggenommen hat, rechtmäßig uns und unseren Kindern! Wir halten zu dir! Tu alles, was Gott dir gesagt hat!«
17 Da ließ Jakob seine beiden Frauen und seine Kinder auf die Kamele steigen 18 und zog in Richtung Kanaan, in das Land seines Vaters Isaak. Er nahm mit, was er sich in Mesopotamien erarbeitet hatte: seinen ganzen Besitz und alle seine Viehherden.
19 Kurz bevor sie aufbrachen, nutzte Rahel die Gelegenheit und stahl die kleinen Götterfiguren ihres Vaters. Laban war nicht zu Hause, er war mit der Schafschur beschäftigt. 20 Jakob verheimlichte seine Abreise vor seinem Schwiegervater, dem Aramäer Laban. Ohne ihn zu benachrichtigen, 21 machte er sich auf und davon. Er überquerte mit allem, was er besaß, den Euphrat und zog in Richtung des Berglandes von Gilead.
22 Erst nach zwei Tagen erfuhr Laban von der Flucht; 23 sofort rief er alle Männer aus der Verwandtschaft zusammen und jagte Jakob hinterher. Sieben Tage dauerte die Verfolgungsjagd, bis er ihn im Gebirge Gilead einholte. 24 In der Nacht davor aber erschien Gott dem Aramäer Laban im Traum und warnte ihn: »Hüte dich davor, Jakob auch nur mit einem Wort zu bedrohen!«
25 Als Laban am nächsten Tag Jakob erreichte, hatte dieser gerade seine Zelte im Gebirge Gilead aufgeschlagen. Laban und seine Verwandten schlugen dort ebenfalls ihr Lager auf. 26 Dann stellte er Jakob zur Rede: »Warum hast du mich hinters Licht geführt und meine Töchter wie Kriegsgefangene fortgeschleppt? 27 Warum hast du dich heimlich davongeschlichen? Du hättest doch ruhig etwas sagen können, dann wären wir fröhlich auseinandergegangen. Mit Gesang und Musik von Tamburinen und Lauten hätten wir euch verabschiedet und wären noch ein Stück Weg mitgegangen. 28 Aber du hast mir nicht einmal erlaubt, meine Töchter und Enkel zum Abschied zu küssen. Das war dumm von dir! 29 Ich könnte es euch heimzahlen, aber der Gott eures Vaters hat letzte Nacht zu mir gesagt: ›Hüte dich davor, Jakob auch nur mit einem Wort zu bedrohen!‹ 30 Na schön, du bist losgezogen, weil das Heimweh dich nach Hause zu deiner Familie treibt. Aber warum hast du meine Götterfiguren gestohlen?«
31 »Ich habe dich heimlich verlassen, weil ich Angst hatte, du würdest mir sonst deine Töchter wegnehmen«, antwortete Jakob. 32 »Und was deine Götterfiguren betrifft: Bei wem du sie findest, der soll sterben! Durchsuch alles und nimm, was dir gehört – die Männer hier sind Zeugen!« Jakob wusste nämlich nicht, dass Rahel die Götterfiguren gestohlen hatte.
33 Laban durchsuchte zuerst das Zelt Jakobs, danach Leas Zelt und das der beiden Mägde. 34-35 In der Zwischenzeit hatte Rahel die Götterfiguren unter ihren Kamelsattel gestopft und sich daraufgesetzt.
Als ihr Vater in das Zelt kam, sagte sie zu ihm: »Sei mir nicht böse, Vater, es ist kein Mangel an Respekt, dass ich vor dir nicht aufstehe; ich habe gerade meine Tage.« Laban durchsuchte alles, fand aber nichts.
36 Da packte Jakob der Zorn, und er überhäufte Laban mit Vorwürfen: »Was habe ich dir getan, dass du mir nachhetzt wie einem Verbrecher? 37 Du hast meinen ganzen Besitz durchwühlt. Und? – Hast du irgendetwas gefunden, was dir gehört? Dann leg es hier in die Mitte, damit es alle unsere Verwandten sehen und beurteilen können, wer von uns beiden im Recht ist!
38 Zwanzig Jahre bin ich bei dir gewesen, und in dieser Zeit habe ich so gut für deine Herden gesorgt, dass weder deine Schafe noch deine Ziegen Fehlgeburten hatten. Ich habe nie ein Tier aus deiner Herde gestohlen und für mich geschlachtet. 39 Wenn ein Schaf von einem Raubtier gerissen wurde, dann hast du keine Entschuldigung gelten lassen; ich musste für den Schaden aufkommen – es war dir ganz egal, ob das Tier bei Tag oder bei Nacht geraubt worden war! 40 Ich bekam die ganze Härte des Hirtenlebens zu spüren: am Tag die Hitze und in der Nacht die Kälte, und oft konnte ich nicht schlafen. 41 Insgesamt bin ich zwanzig Jahre bei dir gewesen; davon habe ich vierzehn Jahre für deine beiden Töchter gearbeitet und dann noch einmal sechs Jahre, um die Herde zu bekommen. Doch du hast mir immer wieder einen anderen Lohn gegeben, als wir vereinbart hatten. 42 Du hättest mir sogar jetzt alles weggenommen und mich mit leeren Händen davongejagt, wenn mir nicht der Gott meines Großvaters Abraham geholfen hätte, dem auch mein Vater Isaak mit Ehrfurcht gedient hat. Gott hat mit angesehen, wie ich mich für dich abgearbeitet habe und wie schlecht du mich behandelt hast. Darum hat er mir letzte Nacht zu meinem Recht verholfen!«
Jakob und Laban einigen sich
43 Laban entgegnete: »Die Frauen sind meine Töchter und ihre Kinder meine Kinder, die Herde ist meine Herde, und alles, was du hier siehst, gehört mir! Aber jetzt kann ich doch nichts mehr für meine Töchter und Enkelkinder tun! 44 Komm, wir schließen ein Abkommen miteinander und stellen ein Zeichen auf, das uns beide daran erinnert!«
45 Jakob wälzte einen großen Stein heran und richtete ihn als Gedenkstein auf. 46 Er bat seine Verwandten, Steine zu sammeln und sie zu einem Hügel aufzuschütten. Auf dem Steinhügel versammelten sie sich und aßen gemeinsam. 47 Laban nannte den Ort Jegar-Sahaduta (aramäisch für »Zeugenhügel«); Jakob übersetzte den Namen in die hebräische Sprache und nannte ihn Gal-Ed.
48 »Dieser Hügel ist jetzt Zeuge für unser Abkommen«, sagte Laban. Deswegen wurde er also Gal-Ed genannt. 49 Man gab dem Gedenkstein noch einen anderen Namen: Mizpa (»Wachturm«), denn Laban sagte zu Jakob: »Der HERR soll darüber wachen, dass wir unsere Abmachung einhalten, wenn wir uns getrennt haben. 50 Niemals darfst du meine Töchter schlecht behandeln oder dir noch andere Frauen dazunehmen! Ich werde es zwar nicht erfahren, aber Gott ist unser Zeuge!«
51-52 Laban fuhr fort: »Schau, dieser Hügel und dieser Gedenkstein, die ich errichtet habe, sind Zeugen für unsere gegenseitige Übereinkunft: Keiner von uns darf diese Grenze je in feindlicher Absicht überschreiten! 53 Der Gott Abrahams und der Gott Nahors – der Gott ihres gemeinsamen Vaters – soll jeden bestrafen, der sich nicht daran hält!« Jakob schwor bei dem Gott, dem sein Vater Isaak mit Ehrfurcht diente, sich an dieses Abkommen zu halten. 54 Danach schlachtete er ein Opfertier und lud seine Verwandten zum Opfermahl ein. Dort im Bergland blieben sie auch über Nacht.
Kommentar
Freu dich am Opfer Gottes
Hast du so etwas schon erlebt? Dir wurde eine Beförderung in Aussicht gestellt, die nie kam. Du hast endlose Stunden bis spät in die Nacht für eine undankbare Aufgabe vergeudet? Wurdest du schon einmal Opfer von Neid, falschen Anschuldigungen oder glatten Betrugs?
So vieles aus dem heutigen Abschnitt begegnet uns auch im Alltag. In den schmerzlichen oder frustrierenden Situationen unseres Alltags tut es gut zu wissen, dass Gott immer das letzte Wort hat.
Wir werden Zeuge, wie ein Familienbetrieb auseinanderbricht. Vielleicht hatte Laban die Anwesenheit seines Schwiegersohnes einfach als selbstverständlich betrachtet. Jakob hatte ganz sicher den Eindruck, dass sein Entgegenkommen ausgenutzt wurde. Er spürte, „dass Labans Verhältnis zu ihm gegenüber früher merklich abgekühlt war“ (31,2), obwohl er „mit vollem Einsatz“ gearbeitet hatte (31,6).
Die Bedingungen, unter denen Jakob für Laban arbeiten durfte, waren sehr hart. Sein Schwiegervater war ein drakonischer Boss. Jakob musste für sämtliche Verluste aufkommen, egal ob sie durch einen Unfall oder Diebstahl entstanden waren (31,39). Seine Arbeitsbedingungen waren mehr als unbefriedigend (31,40).
Außerdem fühlte er sich betrogen. Statt ihm den Lohn zu erhöhen, hat es den Anschein, als habe Laban ihn zehnmal gekürzt (31,7). Auch Rahel und Lea fühlten sich hintergangen. Ihr Vater hatte sie an Jakob verkauft, und dann mussten sie mit ansehen, wie er ihrem Mann seinen Erfolg neidete (31,14-16).
Es ist nachvollziehbar, dass Rahel und Lea ihrem Vater grollten. Ihre Reaktion allerdings ist nicht eben freundlich. Sie schlichen sich heimlich fort, während Laban bei der Arbeit war und gaben ihm keine Gelegenheit, sich von seinen Kindern und Enkeln zu verabschieden (31,26.28). Obendrein bestiehlt Rahel aus unerklärlichem Grund ihren Vater hinter dem Rücken ihres Mannes.
Trotz alledem, segnete Gott Jakob und „hat nicht zugelassen, dass [Laban] [Jakob] schaden konnte“ (31,7). Dieser wird wohlhabender als Laban. Und tatsächlich war es Gott, der zu Jakob sagte, er solle zu Isaak zurückkehren, und der ihm auch versicherte, „ich will mit dir sein“ (31,3). Obwohl Jakob also das Richtige tat, war die Art und Weise, wie er es tat, nicht richtig. Aber Gott intervenierte und erschien Laban im Traum (31,24). Sonst hätte es gut möglich sein können, dass Jakob mit leeren Händen fortgeschickt worden wäre (31,42).
Am Ende handeln sie eine für beide Seiten akzeptable Vereinbarung aus. Mitten in diesem Abschnitt erkennen wir Vorzeichen für das, was kommen sollte. Beide, Jakob und Laban, rufen Gott um Gerechtigkeit an (31,53), und opfern Ihm dann (31,54).
Während Jakob und Laban nach Gottes Gerechtigkeit suchen und ihre Opfer darbringen, werden wir wieder einmal ans Kreuz erinnert, wo Gottes Gerechtigkeit und Gnade zusammenkommen.
Gebet
Vater, wie können wir Dir jemals genug danken und Dich genug preisen? Danke, dass Du gnädig und gerecht bist. Danke, dass wir in ungerechten Zeiten bei Dir Schutz und Gnade finden. Bitte hilf mir, dass ich anderen gegenüber dieselbe Barmherzigkeit zeige, wie Du sie mir erweist.
Pippa fügt hinzu
1.Mose 31,32
Was um alles in der Welt dachte sich Rahel dabei, die Hausgötter ihres Vaters zu stehlen? Und warum hatte Laban überhaupt Hausgötter?
Sie hatte ihren Vater bestohlen, angelogen und Unehre gemacht… Kein Wunder, dass Gott es für nötig hielt, uns die Zehn Gebote zu geben!
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Verweise
Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuelle Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“)
Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“