Tag 160

Keine Grautöne

Weisheit Psalm 71,9–18
Neues Testament Apostelgeschichte 4,23–5,11
Altes Testament 2. Samuel 13,1–39

Einführung

In den 1960ern sangen The Monkees, dass niemand mehr an absolute moralische Werte glaube. In Shades of Grey (Grautöne) sangen sie sinngemäß:

  Als die Welt und ich noch jung waren,

  gerade erst gestern,

  war das Leben ein einfaches Spiel…

  Früher konnte man Gut und Böse leicht unterscheiden…

  Heute gibt es kein Schwarz oder Weiß mehr,

  nur noch Grautöne.

Heute verbinden wir den Ausdruck „Shades of Grey“ eher mit der gleichnamigen, kontrovers diskutierten Bücherserie, die auch verfilmt wurde.

Heutzutage glauben viele Menschen nicht mehr an die Existenz von absolut richtig und absolut falsch. Klare Gegensätze und schwarz-weiß Malerei sind in einer Gesellschaft, in der der Relativismus an der Tagesordnung ist, nicht immer leicht zu schlucken. Alles ist relativ – alles eine Sache des Maßes.

Als Nachfolger Jesu dürfen wir diesem „Alles-ist-relativ“ -Gedanken nicht nachgeben. Wir müssen vielmehr offen sein für die prophetische Stimme der Heiligen Schrift, die häufig – inmitten komplexer Probleme und Situationen – krasse Gegensätze, dringende ethische Entscheidungen und sich trennende Wege beschreibt.

In unseren heutigen Abschnitten sind Richtig und Falsch eindeutig voneinander abgegrenzt; es besteht ein klarer Gegensatz zwischen beiden.

Weisheit

Psalm 71,9–18

9 Verstoße mich nicht, jetzt, wo ich alt geworden bin;
  verlass mich nicht, wenn meine Kräfte nun schwinden!
10 Meine Feinde wollen mich umbringen;
  schon tun sie sich zusammen und planen einen Anschlag.
11 »Gott hat ihn aufgegeben«, sagen sie.
  »Los, ihm nach! Packt ihn!
  Jetzt hat er keinen mehr, der ihm beisteht!«
12 Gott, warum bist du so weit weg?
  Mein Gott, komm mir schnell zu Hilfe!
13 Mit allen Mitteln kämpfen sie gegen mich –
  lass sie scheitern und umkommen!
  Nichts lassen sie unversucht, um mich ins Unglück zu stürzen.
  Bring Schimpf und Schande über sie!

14 Nie werde ich aufhören, auf dich zu hoffen –
  immer mehr will ich dich loben.

15 Vor allen rede ich davon, dass du für Recht sorgst!
  Den ganzen Tag will ich erzählen, wie du aus der Not befreist;
  ja, du tust viel mehr, als ich jemals aufzählen kann!
16 Deine machtvollen Taten will ich rühmen,
  HERR, mein Gott!
  Auf dich ist Verlass – das allein werde ich weitersagen!
17 Von Jugend auf bist du mein Lehrer gewesen,
  und bis heute erzähle ich von deinen Wundertaten.
18 Lass mich auch jetzt nicht im Stich, o Gott, jetzt,
  wo ich alt und grau geworden bin!
  Ich möchte meinen Kindern und Enkeln noch erzählen,
  wie groß und mächtig du bist!

Kommentar

Es gut zu Ende bringen vs. in Schande untergehen

Das einzige „Grau”, das in der Bibel Zustimmung findet, ist „graues Haar“. Es gilt als „eine Krone der Ehre… die Frucht eines gottesfürchtigen Lebens “ (Sprüche 16,31). Mit zunehmendem Alter gefällt mir dieser Gedanke immer besser!

Der Psalmist ist entschlossen, sein Leben gut zu beenden. Er schreibt, „Verwirf mich jetzt nicht, da ich alt bin. Verlass mich nicht, wenn meine Kraft nun schwindet… Nun, da ich alt und grau bin, verlass mich nicht, o Gott. Lass mich von deiner Macht auch der kommenden Generation noch erzählen und von deiner Kraft allen, die nach mir kommen“ (71,9.18).

Das steht in klarem Gegensatz zum Schicksal seiner Feinde, von denen er hofft, dass sie „umkommen und untergehen. Hohn und Spott soll sie treffen“ (71,13). Aus Sicht des Neuen Testaments ist das wohl der falsche Ansatz, so für seine Feinde zu beten! Trotzdem stimmt es, dass manche Menschen in Schande „umkommen und untergehen“. Ein tragisches Ende für die, die es trifft.

Der Psalmist vergleicht sich mit denen, die in Schande untergehen. Er schreibt, „Ich aber…“ (71,14; LUT). Er will bis zu seinem Ende nahe bei Gott bleiben. Tatsächlich wünscht er sich, dass sein Ende besser wird als der Anfang. Er sagt, „Ich werde …dich immer mehr loben“ (71,14). Jede Generation hat die Verantwortung, den Stab an die „kommende Generation“ weiterzugeben (71,18). Die eigene Nachfolge gut zu regeln ist eine Voraussetzung, es gut zu Ende zu bringen. Es heißt: einem Paulus nacheifern und einen Timotheus ausbilden, eine Maria als Mentor und eine Phoebe vorbereiten.

Gebet

Herr, bitte hilf mir, es gut zu Ende zu bringen und Deine Kraft der nächsten Generation zu verkünden. Möge mein Mund von Deiner Gerechtigkeit erzählen und von Deinen großen Taten künden.

Neues Testament

Apostelgeschichte 4,23–5,11

Die Apostel berichten der Gemeinde

23 Kaum waren Petrus und Johannes frei, gingen sie zu den anderen Gläubigen und berichteten, was ihnen die obersten Priester und die führenden Männer des Volkes angedroht hatten. 24 Da beteten alle gemeinsam zu Gott: »Herr, du hast den Himmel, die Erde und das Meer erschaffen und dazu alles, was lebt. 25 Es sind deine Worte, die unser Vater David, dein Diener, durch den Heiligen Geist gesprochen hat:

›Warum geraten die Völker in Aufruhr?
Weshalb schmieden sie Pläne, die doch zu nichts führen?
26 Die Mächtigen dieser Welt rebellieren.
Sie verschwören sich gegen Gott und den König,
den er erwählt und eingesetzt hat.‹

27 Genau das ist in dieser Stadt geschehen. Sie haben sich verbündet: Herodes und Pontius Pilatus, Menschen aus anderen Völkern und ganz Israel. Sie sind eins geworden im Kampf gegen Jesus, deinen heiligen Diener, den du als Retter zu uns gesandt hast. 28 Doch sie erfüllten nur, was du in deiner Macht schon seit langem geplant und beschlossen hattest. 29 Und nun, Herr, höre ihre Drohungen! Hilf allen, die an dich glauben, deine Botschaft mutig und unerschrocken weiterzusagen. 30 Zeig deine Macht! Lass Heilungen, Zeichen und Wunder geschehen, wenn wir den Namen von Jesus, deinem heiligen Diener, anrufen!«

31 Als sie gebetet hatten, bebte die Erde an dem Ort, wo sie zusammengekommen waren. Sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und verkündeten furchtlos Gottes Botschaft.

Die Gemeinde wächst

32 Alle, die zum Glauben an Jesus gefunden hatten, waren ein Herz und eine Seele. Niemand betrachtete sein Eigentum als privaten Besitz, sondern alles gehörte ihnen gemeinsam. 33 Mit großer Überzeugungskraft berichteten die Apostel von der Auferstehung des Herrn Jesus, und alle erlebten Gottes Güte. 34 Keiner der Gläubigen musste Not leiden. Denn wenn es an irgendetwas fehlte, war jeder gerne bereit, Häuser oder Äcker zu verkaufen 35 und das Geld den Aposteln zu übergeben. Die verteilten es an die Bedürftigen.

36 Josef, ein Levit aus Zypern, gehörte auch zu denen, die ihr Hab und Gut zur Verfügung stellten. Die Apostel nannten ihn Barnabas, das heißt übersetzt: »der anderen Mut macht«. 37 Er verkaufte seinen Acker und überreichte das Geld den Aposteln.

Hananias und Saphira betrügen Gott

5 1 Ein Mann namens Hananias verkaufte zusammen mit seiner Frau Saphira ein Grundstück. 2 Hananias beschloss, heimlich einen Teil des Geldes für sich zu behalten, wovon auch seine Frau wusste. Den Rest brachte er zu den Aposteln.

3 Aber Petrus durchschaute ihn. »Hananias«, fragte er, »warum hast du es zugelassen, dass der Satan von dir Besitz ergreift? Warum hast du den Heiligen Geist belogen und einen Teil des Geldes unterschlagen? 4 Niemand hat dich gezwungen, das Land zu verkaufen. Es war dein Eigentum. Und auch nach dem Verkauf hättest du das Geld behalten können. Wie konntest du dich nur auf so etwas einlassen! Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott selbst.«

5 Nach diesen Worten brach Hananias tot zusammen. Alle, die davon hörten, waren entsetzt. 6 Einige junge Männer hüllten den Toten in ein Tuch ein und trugen ihn hinaus, um ihn zu begraben.

7 Etwa drei Stunden später kam seine Frau Saphira. Sie wusste noch nicht, was geschehen war. 8 Petrus fragte sie: »Ist das hier die ganze Summe, die ihr für euren Acker bekommen habt?«

»Ja«, antwortete sie, »das ist alles.« 9 Da erwiderte Petrus: »Warum habt ihr beiden beschlossen, den Geist des Herrn herauszufordern? Sieh doch, die Männer, die deinen Mann begraben haben, kommen gerade zurück. Sie werden auch dich hinaustragen.«

10 Im selben Augenblick fiel Saphira vor ihm tot zu Boden. Als die jungen Männer hereinkamen und sahen, dass sie tot war, trugen sie Saphira hinaus und begruben sie neben ihrem Mann. 11 Die ganze Gemeinde aber und alle, die davon hörten, erschraken zutiefst.

Kommentar

Erfüllt vom Heiligen Geist vs. erfüllt mit dem Satan

Gemeinde sollte niemals langweilig sein. In der Urgemeinde kam keine Langeweile auf. Man wusste nie, was als nächstes passieren würde. Die Gegenwart Gottes wirkte mächtig unter ihnen. Die einen liebten es, andere fürchteten sich.

Wieder kommen wir an einen starken Gegensatz.

Zuerst sehen wir, was die Erfüllung mit dem Heiligen Geist bewirkt:

1. Mut
Petrus und Johannes lassen sich von den Drohungen nicht einschüchtern (4,17.21). Vielmehr „erhoben alle gemeinsam ihre Stimme und beteten“ (4,24). Sie beteten, „höre ihre Drohung, Herr, und gib deinen Dienern Mut, wenn sie weiterhin die gute Botschaft verkünden“ (4,29). „Nach diesem Gebet bebte das Gebäude, in dem sie sich versammelt hatten, und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt. Und sie predigten mutig und unerschrocken die Botschaft Gottes“ (4,31).

2. Einheit
„Die Gläubigen waren ein Herz und eine Seele“ (4,32a). Sie waren erfüllt von demselben Heiligen Geist. Zeichen einer geisterfüllten Gemeinde ist Einheit.

3. Großzügigkeit
Sie hatten eine offenherzige Einstellung zu Besitz: „alles gehörte ihnen gemeinsam…Keinem in der Gemeinde fehlte etwas“ (4,32.34; Hfa). Wer es sich leisten konnte, unterstützte die, die wenig hatten (4,34-35).

4. Kraft
Sie beteten, „Strecke deine Hand aus und heile Kranke! Und lass Staunen erregende Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Bevollmächtigten Jesus! …Mit großer Kraft und bestätigt durch Wundertaten bezeugten die Apostel Jesus als den auferstandenen Herrn“ (4,30.33a; GNB).

5. Gnade
„…und mit ihnen war die große Gnade Gottes“ (4,33b). Selbst die Gnade Gottes zu erleben, sollte in eine von Gnade und Freundlichkeit geprägte Gemeinschaft führen.

Im zweiten Teil unseres heutigen Textabschnitts sehen wir den krassen Gegensatz dazu. Wir sehen, wozu es führt, Satan im Herzen zu tragen. Petrus bedient sich sehr starker Worte, als er sagt, „Hananias, warum hat Satan Besitz von deinem Herzen ergriffen?“ (5,3).

Niemand hatte von Hananias und Saphira verlangt, all ihren Besitz und ihr Geld wegzugeben: „Es war dein Besitz, den du nach Belieben verkaufen oder behalten konntest. Und auch nachdem du ihn verkauft hattest, durftest du mit dem Geld machen, was du wolltest“ (5,4). Sie wurden nicht für einen Mangel an Großzügigkeit kritisiert.

Dass sie aber in der Sache gelogen hatten, ist der Beweis dafür, dass Satan ihre Herzen ergriffen hatte. Es hätte eine spontane Handlung sein können, aber tatsächlich war die Lüge geplant. Zu Hananias sagt Petrus, „Du hast den Heiligen Geist belogen“ (5,3) und zu Saphira, „Wie konntet ihr beide …den Geist des Herrn auf die Probe .. stellen?“ (5,9). Dieses Manöver war geplant und vorsätzlich.

Gott gab Petrus ein „Wort der Erkenntnis“ (5,3-4), das ihre Schuld aufdeckte. Gottesfurcht überkam die Menschen (5,5.11). Nicht Angst vor einer Person, sondern heilige Angst. „Eine tiefe Ehrfurcht vor Gott ergriff die ganze Gemeinde“ (5,11; NGÜ).

Kein leichter Abschnitt. Viele tun sich schwer damit, wie drastisch Gottes Urteil ausfällt. Aber letzten Endes kennt allein Er die Geheimnisse unserer Herzen, und wir müssen darauf vertrauen, dass Seine Urteile angemessen und gerecht sind. Mich erinnert es aber daran, wie erstaunlich es ist, dass Gott unter uns weilt. Das Gefühl von Gottes Gegenwart in ihrer Mitte erfüllte die Menschen mit der Angst, dass ihre Schuld ebenfalls aufgedeckt werden könnte. Dieselbe Gegenwart Gottes und des Heiligen Geistes wirkte aber auch außergewöhnliche Veränderungen, Heilungen, Zeichen und Wunder.

Gebet

Herr, erfülle uns mit Deinem Heiligen Geist, dass Deine Kirche für ihr mutiges Bekenntnis, für Einheit, Großzügigkeit, Kraft und Gnade bekannt wird.

Altes Testament

2. Samuel 13,1–39

Tamar wird vergewaltigt

1 Absalom, einer von Davids Söhnen, hatte eine schöne Schwester namens Tamar. Eines Tages verliebte sich ihr Halbbruder Amnon in sie. Er war Davids ältester Sohn.

2 Amnon begehrte Tamar so sehr, dass er krank wurde. Er sah keine Möglichkeit, an sie heranzukommen, denn die unverheirateten Töchter des Königs wurden gut behütet.

3 Amnon war mit Jonadab befreundet, einem Sohn von Davids Bruder Schamma. Jonadab war ein sehr kluger Mann. 4 Er fragte Amnon: »Was ist los mit dir, Königssohn? Jeden Morgen siehst du trauriger aus! Willst du es mir nicht sagen?«

Da gestand Amnon: »Ich habe mich in Absaloms Schwester Tamar verliebt.«

5 Jonadab riet seinem Freund: »Leg dich doch ins Bett und stell dich krank! Wenn dein Vater dich besucht, dann frag ihn, ob nicht deine Schwester Tamar dir etwas zu essen bringen könnte. Sag ihm: ›Wenn ich zuschauen kann, wie sie mir etwas Gutes kocht, dann bekomme ich bestimmt wieder Appetit und esse etwas. Sie selbst soll es mir reichen.‹«

6 So legte Amnon sich ins Bett und stellte sich krank. Als der König kam, um nach ihm zu sehen, bat Amnon: »Könnte nicht meine Schwester Tamar zu mir kommen? Sie soll vor meinen Augen zwei Kuchen in der Pfanne backen und sie mir bringen.«

7 Sofort schickte David einen Diener zu dem Haus, wo Tamar wohnte, und ließ ihr sagen: »Dein Bruder Amnon ist krank. Geh doch zu ihm und mach ihm etwas zu essen!« 8 Tamar kam zu Amnon. Während sie einen Teig knetete, die Kuchen formte und sie in der Pfanne backte, lag er da und schaute ihr zu. 9 Als sie ihm die fertigen Kuchen bringen wollte, weigerte sich Amnon zu essen.

Stattdessen befahl er: »Alle Diener sollen das Zimmer verlassen!« Danach 10 sagte er zu Tamar: »Ich will nur von dir bedient werden! Bring mir das Essen ins Schlafzimmer!« Tamar nahm die Kuchen und brachte sie ihrem Bruder ans Bett. 11 Als sie ihm das Essen reichen wollte, packte er sie und sagte: »Komm, meine Schwester, leg dich doch zu mir!«

12 Sie rief: »Nein, Amnon, zwing mich nicht zu so etwas. Das ist in Israel doch verboten. Ein solches Verbrechen darfst du nicht begehen! 13 Was soll dann aus mir werden? Denk doch, welche Schande das für mich wäre! Und du würdest in ganz Israel als gewissenloser Kerl dastehen. Warum redest du nicht mit dem König? Bestimmt erlaubt er dir, mich zu heiraten.« 14 Doch Amnon wollte nicht auf sie hören. Er stürzte sich auf sie und vergewaltigte sie.

15 Aber dann schlug seine große Liebe in glühenden Hass um. Ja, er hasste Tamar nun mehr, als er sie vorher geliebt hatte. »Mach, dass du fortkommst!«, schrie er sie an.

16 »Nein«, flehte sie, »tu das nicht! Wenn du mich jetzt wegjagst, ist das noch viel schlimmer als das, was du mir vorhin angetan hast.«

Aber auch jetzt ließ er sich nichts von ihr sagen. 17 Er rief seinen Kammerdiener und befahl: »Jag die da hinaus und verriegle die Tür hinter ihr!« 18 Der Diener warf sie hinaus und verschloss die Tür. Tamar trug ein weites Gewand mit langen Ärmeln. So kleideten sich die Töchter des Königs, die noch Jungfrauen waren. 19 In ihrer Verzweiflung zerriss sie ihr Gewand, streute sich Asche auf den Kopf und legte die Hand darauf. Laut weinend lief sie davon.

20 Zu Hause fragte Absalom sie: »Hat Amnon dich etwa belästigt? Sag niemandem etwas davon, denn er ist dein Bruder. Nimm die Sache nicht zu schwer!« Von da an wohnte Tamar einsam im Haus ihres Bruders Absalom.

21 Als König David davon erfuhr, wurde er sehr zornig. Doch er brachte es nicht übers Herz, Amnon zu bestrafen, denn er war sein ältester Sohn, und David liebte ihn besonders. 22 Absalom sprach kein Wort mehr mit Amnon, er machte ihm keine Vorwürfe, aber er grüßte ihn auch nicht. Er hasste seinen Bruder, weil er seine Schwester Tamar vergewaltigt hatte.

Absaloms Rache

23 Zwei Jahre vergingen. Absalom ließ in Baal-Hazor in der Nähe der Stadt Ephraim seine Schafe scheren. Bei dieser Gelegenheit wollte er einmal alle Söhne des Königs zu einem Fest einladen. 24 Er ging zu König David und sagte zu ihm: »Mein Vater, ich lasse gerade meine Schafe scheren. Und da wäre es mir eine Ehre, wenn der König und sein Hofstaat meine Einladung zu einem Fest annehmen würden.«

25 Doch David wehrte ab: »Nein, mein Sohn, wir können nicht alle kommen. Wir würden dir nur zur Last fallen!« Absalom versuchte, seinen Vater zu überreden, aber David nahm die Einladung nicht an. Er segnete seinen Sohn und verabschiedete sich von ihm.

26 Schließlich bat Absalom: »Wenn du selbst schon nicht willst, dann lass doch wenigstens meinen Bruder Amnon mitkommen.«

»Warum gerade Amnon?«, fragte David. 27 Doch Absalom ließ nicht locker, und so gestattete David Amnon und seinen anderen Söhnen, mit nach Baal-Hazor zu gehen.

28 Ehe das Fest begann, befahl Absalom seinen Dienern: »Sobald Amnon vom Wein etwas angeheitert ist, gebe ich euch ein Zeichen. Dann bringt ihr ihn um! Ihr habt nichts zu befürchten, denn ich habe es euch befohlen und trage die volle Verantwortung dafür. Nur Mut, erweist euch als tapfere Männer!« 29 Die Diener führten den Befehl aus und ermordeten Amnon. Entsetzt sprangen die anderen Königssöhne auf und flohen auf ihren Maultieren.

30 Noch bevor sie in Jerusalem ankamen, war ihnen das Gerücht vorausgeeilt. Man berichtete dem König: »Absalom hat alle deine Söhne umgebracht, kein einziger hat überlebt!« 31 Der König fuhr auf, zerriss seine Kleider und warf sich auf den Boden. Sprachlos standen seine Diener um ihn herum, auch sie hatten ihre Gewänder zerrissen.

32 Schließlich ergriff Davids Neffe Jonadab das Wort: »Mein Herr«, versuchte er den König zu beruhigen, »noch weißt du nicht sicher, ob wirklich alle deine Söhne ermordet worden sind. Ich nehme an, dass nur Amnon tot ist. Denn seit er Tamar vergewaltigt hat, war Absalom fest entschlossen, sich zu rächen. 33 Darum, mein Herr und König, nimm das Gerücht nicht allzu ernst, dass alle deine Söhne umgekommen seien. Bestimmt wurde nur Amnon getötet.«

34 Absalom war nach seiner Tat geflohen.

Einer der Wächter auf der Stadtmauer von Jerusalem erblickte plötzlich in der Ferne eine große Gruppe von Menschen. Sie kamen auf der Straße von Horonajim den Hügel herunter.

35 Da sagte Jonadab zu David: »Siehst du, schon kommen deine Söhne zurück. Ich habe es doch gleich gewusst!«

36 Kaum hatte er ausgeredet, da liefen Davids Söhne herein. Sie fingen alle an zu weinen, auch der König und seine Diener brachen in Tränen aus.

37 Es verging kein Tag, an dem David nicht um seinen Sohn trauerte. Absalom aber floh zum König von Geschur, zu Talmai, dem Sohn von Ammihud.

38 Dort blieb er drei Jahre lang. 39 Allmählich fand David sich mit Amnons Tod ab, und so legte sich mit der Zeit auch sein Zorn gegen Absalom.

Kommentar

Liebe vs. Hass

In dieser Passage stoßen wir auf stark gegensätzliche Emotionen. Amnon „verliebte sich in [Tamar]“ (13,1). Er sagt, „Ich liebe Tamar, die Schwester meines Bruders Absalom“ (13,4). David hatte viele Frauen und Kinder. Jungen und Mädchen wurden im Alter von fünf oder sechs Jahren voneinander getrennt; unter den Geschwistern existierte wahrscheinlich nicht dieselbe Art Zusammengehörigkeitsgefühl wie in den Familien heute.

Amnon schmiedete einen Plan, Tamar zu vergewaltigen. Diese flehte ihn an, „Tu mir das nicht an!“ (13,12). Sie erbot sich sogar, ihn zu heiraten (13,13), obwohl das Gesetz eine Heirat unter Halbgeschwistern verbot. Möglicherweise wurde es damals aber nicht beachtet. Wahrscheinlicher ist, dass sich Tamar an Strohhalme klammerte. „Amnon wollte nicht auf sie hören; und er überwältigte und vergewaltigte sie“ (13,14).

Die Bibel sieht nicht über den Tatbestand sexuellen Missbrauchs hinweg. Vergewaltigung war schon immer und ist immer noch ein schreckliches Verbrechen. Tamar beschreibt es als „Schandtat“ (13,12; GNB). Die Tat eines „Schänders“ (13,13), die das Opfer einsam und verzweifelt zurücklässt (5,20).

Wie schlimm die Verletzungen sexuellen Missbrauchs sind, können wir erahnen, wenn wir Tamars Reaktion betrachten: „Tamar zerriss ihr Gewand, streute sich Asche auf ihren Kopf und legte die Hand darauf. Dann lief sie laut schreiend fort… von da an lebte Tamar einsam im Haus ihres Bruders Absalom” (13,19-20).

Es scheint, dass sofort, nachdem Amnon sich an Tamar vergangen hatte, „seine Liebe in Hass umschlug, und er hasste sie mehr, als er sie je geliebt hatte“ (13,15). Das Drama im Haus Davids nahm an Fahrt auf. Die Gewalt ging weiter – Amnon wird getötet und Absalom flieht. Es kommt zur Spaltung zwischen Vater und Sohn (13,23-39).

Richtigerweise müsste man wohl eher sagen, dass Amnon sich in Tamar „verguckt“ hatte; mit Liebe hatte das nichts zu tun. Es ist erstaunlich, aber entspricht unserer gefallenen Menschlichkeit und Erfahrung, wie schnell vermeintliche Liebe in Hass umschlagen kann. Amnons Liebe war ganz sicher keine wahre Liebe.

„Die Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist nicht neidisch oder überheblich, stolz oder anstößig. Die Liebe ist nicht selbstsüchtig. Sie lässt sich nicht reizen, und wenn man ihr Böses tut, trägt sie es nicht nach. Sie freut sich niemals über Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich immer an der Wahrheit. Die Liebe erträgt alles, verliert nie den Glauben, bewahrt stets die Hoffnung und bleibt bestehen, was auch geschieht“ (1. Korinther 13,4-7).

Gebet

Herr, erlöse uns von allem Hass, und erfülle uns mit der Liebe, die Frucht des Heiligen Geistes ist, nicht mit einer oberflächlichen Liebe.

Pippa fügt hinzu

2. Samuel 13,1–39

An diesem Punkt beginnt die Familie auseinanderzubrechen.

So viele furchtbare Entscheidungen. Jonadab, der Freund Amnons, gab ihm einen ganz schlechten Rat (13,5). Hätte David Amnon für die Vergewaltigung seiner Schwester bestraft, hätte Tamar Absalom vielleicht daran gehindert, das Recht selbst in die Hand zu nehmen.

Jonadab hätte von Schuldgefühlen übermannt sein müssen, weil er selbst die Hälfte des Problems darstellte. Er wusste, dass Absalom die Absicht hatte, Amnon zu töten. Trotzdem geht er erst nach der Tat mit seinem Wissen zu David. Er war ihnen allen ein schlechter Freund.

Natürlich ist es manchmal schwer, anderen die Wahrheit zu sagen und nicht das, was sie hören wollen. Aber es ist wichtig, das Richtige zu raten, selbst wenn wir damit die Freundschaft aufs Spiel setzen.

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Verweise

Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuellen Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“) \t Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“

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