Tag 226

Wen du kennen musst

Weisheit Psalm 95,3+6-8
Neues Testament 1. Korinther 8,1b-13
Altes Testament Prediger 7,11+13-16 und 8,17b und 9,1a+2+12a

Einführung

Während meines Theologiestudiums und der praktischen Vorbereitung auf die Ordination in der Anglikanischen Kirche lebten meine Frau und ich drei Jahre in Oxford. Uns fiel auf, dass es dort, verglichen mit London, nicht so materialistisch zuging. Die Menschen waren weitgehend unbeeindruckt von Wohlstand. Erfolg wurde anders gemessen.

In Oxford beeindruckte man eher mit Verstand und Wissen als mit Geld oder Schönheit. Erfolg wurde in Auszeichnungen, Doktortiteln, Professuren und Veröffentlichungen gemessen. Ich begann mich zu fragen, ob Intelligenz und Wissen ebenso zu Götzen werden können wie Geld und Wohlstand.

Wissen ist im Großen und Ganzen gut. Fakten sind unsere Freunde. Bildung ist gut – Lesen, Lernen und Entdecken: das alles ist sinnvoll. Wie aber bereits Lord Byron schrieb, „Der Baum des Wissens ist nicht identisch mit dem Baum des Lebens.“ Wir müssen Wissen, „Erkenntnis“, aus der richtigen Perspektive betrachten. Unser Wissen ist sehr begrenzt. Je mehr wir wissen, desto bewusster wird uns, wie wenig wir eigentlich wissen. Gott ist unser Schöpfer, Er allein ist allwissend.

Auch gibt es verschiedene Wissensformen; nicht alle sind gleichermaßen relevant. Im Deutschen haben wir zwei Wörter, mit denen wir das englische Wort „know“ übersetzen. Wissen bezieht sich auf Tatsachen und Umstände, und kennen auf Personen und Inhalte. Die wichtigste Kenntnis, die wir haben müssen, ist die von Gott: Ihn kennen, und von Ihm gekannt werden. Aber selbst das ist noch nicht alles. Wissen und Erkenntnis allein reichen nicht aus – du brauchst auch Liebe.

Weisheit

Psalm 95,3+6-8

3 Denn der HERR ist ein gewaltiger Gott,
  der große König über alle Götter!

6 Kommt, wir wollen ihn anbeten und uns vor ihm beugen;
  lasst uns niederknien vor dem HERRN, unserem Schöpfer!
7 Denn er ist unser Gott, und wir sind sein Volk.
  Er kümmert sich um uns wie ein Hirte,
  der seine Herde auf die Weide führt.
  Hört doch auf das, was er euch heute sagt:

8 »Verschließt eure Herzen nicht,
  wie es eure Vorfahren getan haben;
  damals, als sie mich in der Wüste herausforderten
  und mir bittere Vorwürfe machten.

Kommentar

Das wichtigste Wissen ist, Gott zu kennen

Der Psalmist beginnt damit, den Leser in die Anbetung, Lob und Dank Gottes einzuladen (95,1-2). Wir feiern Gott nicht notwendigerweise, weil uns danach ist oder weil alles gut läuft. Manchmal loben wir Gott trotz allem, was ist.

Auch beten wir Gott nicht unbedingt an, weil wir uns dann besser fühlen; auch wenn wir häufig das Bedürfnis nach Lobpreis haben, um uns geistlich zu erfrischen.

In diesem Psalm sehen wir, dass wir Gott anbeten, weil Er ist, wer Er ist:

„Denn der Herr ist ein großer Gott,
  der große König über alle Götter…
Kommt, lasst uns anbeten und uns vor ihm verbeugen.
  Lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserem Schöpfer.
Denn er ist unser Gott und wir sind das Volk, das er beschützt,
  die Schafe, die er behütet“ (3-7).

Der Psalmist erinnert das Volk daran, was es über Gott weiß. Und das ist das wichtigste Wissen – Gott zu kennen.

Gott spricht auch heute häufig in einer Zeit des Lobpreises und der Anbetung zu uns. Das war nicht nur früher so. Gott redet auch heute. Der Psalmist sagt, „Wenn ihr doch heute auf seine Stimme hören würdet“ (7b).

Der Psalm zeigt uns noch eine andere relevante Art des Wissens. Gott sagt, dass sich die Menschen von Ihm abkehren, denn „Die Wege, die ich sie führen will, verstehen [kennen] sie nicht“ (10b; Hfa). Gottes Wege zu kennen und sie zu gehen, ist zentral für ein Leben nach Gottes Plan für uns.

Gebet

Vor Dir, Herr, will ich mich heute verneigen, Dich will ich anbeten. Danke, dass Du mich kennst und ich Dich auch kennen darf. Wenn ich heute Dein Reden höre, hilf mir, dass mein Herz nicht hart wird und ich mich nicht von Dir abwende. Ich bete, dass ich die Wege, die Du mich führen willst, verstehe und sie gehe, damit ich Deine Ruhe finde.

Neues Testament

1. Korinther 8,1b-13

Ihr behauptet: »Wir haben doch alle die Fähigkeit zu erkennen, was richtig ist!« Das stimmt. Aber die richtige Erkenntnis allein führt nur zu Hochmut; Liebe dagegen baut die Gemeinde auf. 2 Wenn sich einer also etwas auf sein Wissen einbildet, so weiß er gerade nicht, worauf es ankommt. 3 Wer aber Gott liebt, dem wendet sich Gott in Liebe zu.

4 Dürfen wir also Opferfleisch essen oder nicht? Ihr habt recht, wenn ihr sagt: »Es gibt außer dem einen Gott gar keine anderen Götter.« 5 Und wenn es auch sogenannte Götter im Himmel und auf der Erde gibt – und es gibt ja tatsächlich viele Mächte und Gewalten –, 6 so haben wir doch nur einen Gott, den Vater, der alles erschaffen hat und für den wir leben. Und wir haben auch nur einen Herrn, Jesus Christus, durch den alles geschaffen wurde. Durch ihn haben wir das Leben empfangen.

7 Einige Christen haben das aber noch nicht erkannt. Bisher waren sie davon überzeugt, dass es wirklich Götter gibt. Wenn sie nun vom Opferfleisch essen, fürchten sie, damit die Götter anzuerkennen, und bekommen ein schlechtes Gewissen. 8 Was wir essen, entscheidet nicht darüber, wie wir vor Gott dastehen. Vor ihm sind wir weder besser noch schlechter, ob wir nun das Fleisch essen oder nicht.

9 Trotzdem solltet ihr darauf achten, dass ihr mit der Freiheit, die ihr zu haben glaubt, dem nicht schadet, dessen Glaube noch schwach ist. 10 Angenommen, du isst in einem heidnischen Tempel Opferfleisch, weil du erkannt hast, dass der Genuss einer Speise dich nicht von Gott trennen kann. Wenn nun dein Bruder, dessen Glaube noch nicht gefestigt ist, dich dabei sieht – wird er dann nicht ermutigt, es dir nachzumachen, obwohl er dabei gegen sein Gewissen handelt? 11 Und so würde an deiner durchaus richtigen Erkenntnis dein im Glauben schwacher Bruder zugrunde gehen, für den doch Christus gestorben ist. 12 Wenn ihr euch euren Brüdern und Schwestern gegenüber so rücksichtslos verhaltet und ihr Gewissen verletzt, so versündigt ihr euch an Christus. 13 Darum: Wenn ich befürchten muss, dass mein Bruder zur Sünde verführt wird, weil ich bedenkenlos Opferfleisch esse, dann will ich lieber mein Leben lang überhaupt kein Fleisch mehr essen, als ihm das anzutun!

Kommentar

Wichtiger als Wissen ist die Liebe

Wenn Wissen auch wichtig ist, birgt es Gefahren. Hochmut und Besserwisserei sind oft nicht weit. „Wissen kann uns ein Gefühl von Wichtigkeit verleihen, doch nur die Liebe baut die Gemeinde wirklich auf“ (8,1b).

Wissen an sich ist keine schlechte Sache. Es ist wie mit der Unterwäsche - gut welche zu haben, aber man muss sie nicht unbedingt zur Schau stellen! Statt andere mit deinem Wissen beeindrucken zu wollen, versuche es mit liebevoller Ermutigung.

Wissen kann, wie erwähnt, auch stolz machen: „Wer behauptet, alle Antworten zu kennen, hat in Wirklichkeit kaum begriffen, auf welche Erkenntnis es ankommt“ (8,2). Wirklich wichtig im Leben ist, Gott zu lieben und in Liebe zu leben: „wer Gott liebt, der ist von Gott erkannt“ (8,3).

Eugene Peterson übersetzt, „Wir glauben gern, alles zu wissen, was wir zur Beantwortung dieser Art Fragen wissen müssten – aber manchmal bringt uns ein demütiges Herz weiter als unser stolzer Verstand. Wir wissen nie wirklich genug, bis wir erkennen, dass Gott allein allwissend ist“ (1b-3; nach The Message Bible).

Paulus erläutert das am Beispiel von „Fleisch .., das den Götzen geopfert“ wird (8,1.4). Wer weiß, dass Götzen keine Götter sind, hat kein Problem damit, Speise zu essen, die Götzen geopfert wurde: „Wir aber wissen, dass es nur einen Gott gibt, den Vater, der alles erschaffen hat und für den wir leben. Und es gibt nur einen Herrn, Jesus Christus, durch den Gott alles erschaffen hat und durch den wir leben“ (8,6).

„Aber nicht alle haben die Erkenntnis“ (8,7a; LUT). Manche haben ein schwaches Gewissen. Wenn wir also vor jemandem Opferfleisch essen, der das für falsch hält, können wir ihn in Bedrängnis bringen. Nicht unser Mehr an Wissen ist wichtig, sondern dass wir dem anderen in Liebe begegnen, damit „ihr schwaches Gewissen [nicht] beunruhigt wird“ (7b).

Die Liebe sieht im anderen den „Bruder, für den Christus doch ebenfalls gestorben ist“ (8,11). „Wenn ihr euch euren Brüdern gegenüber so verhaltet, … so versündigt ihr euch an Christus“ (8,12; Hfa).

Liebe ist wichtiger als Wissen. Wenn Gott einen Menschen bemisst, legt Er das Maßband ums Herz, nicht um den Kopf. Es reicht nicht, viel über Gott zu wissen; lerne Ihn kennen und lass dich mit Liebe zu Ihm und den Menschen erfüllen. Oder anders gesagt: es spielt keine Rolle, was du weißt sondern, wen du kennst.

Gebet

Herr, danke, dass, wenn Wissen auch die Gefahr birgt, überheblich zu werden, die Liebe doch immer auferbaut. Lass mein Handeln immer motiviert von Liebe sein.

Altes Testament

Prediger 7,11+13-16 und 8,17b und 9,1a+2+12a

11 Weisheit ist so wertvoll wie ein reiches Erbe,
  sie ist für jeden Menschen auf dieser Welt ein Gewinn.

13 Halte dir vor Augen, was Gott tut!

Wer kann gerade machen,
  was er gekrümmt hat?
14 Wenn es dir gut geht,
  dann freu dich über dein Glück,
und wenn es dir schlecht geht,
  dann bedenke: Gott schickt dir beides,
und du weißt nie,
  was die Zukunft bringen wird.

15 In meinem vergänglichen Leben habe ich viel gesehen:

Manch einer richtet sich nach Gottes Geboten
  und kommt trotzdem um;
ein anderer will von Gott nichts wissen,
  aber er genießt ein langes Leben.

16 Sei nicht allzu fromm
  und übertreib es nicht mit deiner Weisheit!
  Warum willst du dich selbst zugrunde richten?

16bWas Gott tut und auf der Welt geschehen lässt, kann der Mensch nicht vollständig begreifen, selbst wenn er sich Tag und Nacht keinen Schlaf gönnt. So sehr er sich auch anstrengt, alles zu erforschen, er wird es nicht ergründen! Und wenn ein weiser Mensch behauptet, er könne das alles verstehen, dann irrt er sich!

1 Über dies alles habe ich nachgedacht, und ich habe erkannt: Auch der Rechtschaffene und Verständige ist bei allem, was er tut, von Gott abhängig...
2 Am Ende trifft sie alle ein und dasselbe Schicksal, ob sie nun Gott gehorchen oder ihn missachten, ob sie Gutes tun und sich an die Reinheitsgebote halten oder nicht, ob sie Gott Opfer bringen oder es sein lassen. 12 Kein Mensch weiß, wann seine Zeit gekommen ist.

Kommentar

Suche Erkenntnis, aber sei dir ihrer Grenzen bewusst

Weisheit und Erkenntnis gehen im Buch Prediger Hand in Hand. Weisheit und Erkenntnis sind grundsätzlich eine gute Sache:

Weisheit zu besitzen ist genauso wertvoll wie ein großes Vermögen; Einsicht ist ein Vorteil für die, die im Sonnenlicht leben“ (7,11).

„Die Weisheit hilft einem Weisen mehr, als es die zehn einflussreichsten Einwohner einer Stadt könnten“ (7,19).

„Wer also ist nun weise?
  Wer versteht den tiefen Sinn der Dinge?
Die Weisheit macht das Gesicht des Menschen schöner,
  weil es seinen Zügen die Härte nimmt“ (8,1).

Ein Merkmal für Weisheit ist, dass kluge Menschen sich „nicht aus der Ruhe bringen [lassen]; nur Unverständige ärgern sich über alles“ (7,9; GNB).

Doch der Verfasser des Buches erkennt auch die Grenzen von Weisheit und Erkenntnis. Wie viel Weisheit und Erkenntnis wir auch haben, wir können nicht wirklich etwas über die Zukunft sagen (7,14). Und es gibt ein ungesundes Verlangen nach Weisheit, das uns von Gott trennt und uns stolz werden lässt:

„Ich habe versucht, zur Erkenntnis der Weisheit zu gelangen und alles, was auf der Erde geschieht, zu beobachten. Aber selbst wenn sich der Mensch Tag und Nacht keinen Schlaf gönnt, wird er nie alles nachvollziehen können, was Gott auf dieser Erde tut. Wie sehr er sich bemüht, wie sehr er forscht, er wird es nicht ergründen können. Nicht einmal der weiseste Mensch kann es verstehen, selbst, wenn er es behauptet.“ (8,16-17).

Wie klug, reich und mächtig eine Person auch sein mag, „kein Mensch ist in der Lage, seinen Todestag hinauszuzögern“ (8,8). „Am Ende müssen alle sterben“ (9,3). Niemand kennt den Zeitpunkt. „Kein Mensch weiß, wann seine Zeit gekommen ist“ (8,12).

Gott allein ist allwissend. Verglichen mit Ihm sind unsere Weisheit und Erkenntnis sehr begrenzt. Letztlich sind wir „in Gottes Hand“ (9,1). Wir sollen das Leben genießen und das Beste aus unserer Zeit hier machen. „Sei fröhlich .. So hat es Gott für die Menschen vorgesehen und so gefällt es ihm…Genieße jeden Tag mit der Frau, die du liebst, solange das Leben dauert, das Gott dir unter der Sonne geschenkt hat“ (8,7.9; GNB).

„Tu alles, was du mit deiner Kraft bewirken kannst“ (8,10a). Wir sollen aus jedem Moment und jeder Gelegenheit das Beste machen.

Jesus sagte, „das allein ist ewiges Leben: dich, den einen wahren Gott, zu erkennen, und Jesus Christus, den du gesandt hast“ (Johannes 17,3; Hfa). Das ist das Wichtigste, was du je wissen kannst. Es beginnt heute und reicht bis in die Ewigkeit hinein. Dieses Wissen gibt jedem anderen Wissen die richtige Perspektive.

Gebet

Herr, danke, dass Dich zu kennen, der Anfang der Weisheit ist. Bitte hilf mir, das Beste aus jeder Gelegenheit zu machen, die sich mir bietet und was ich tue, mit aller Kraft zu tun. Und bitte hilf mir, alles in Liebe zu tun.

Pippa fügt hinzu

Psalm 95,5

„Ihm gehört das Meer, er hat es ja gemacht...“

Ich habe großen Respekt (der an Angst grenzt) vor dem Meer. Wann immer ich in einem Boot sitze oder im Meer schwimme, sage ich mir diesen Vers vor.

Thought for the Day

Gott redet heute

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Verweise

Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuellen Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“) \t Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“

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