Deine Geschichte zählt
Einführung
Mark Heathers Eltern trennten sich, als er noch ein Kind war. Er wuchs bei seiner alkoholkranken Mutter auf, die ihn schlug. Mit vierzehn bot er ihr die Stirn und erklärte, er würde sich das nicht länger gefallen lassen. Am nächsten Tag brachte sie sich um.
Er wurde in verschiedenen Pflegefamilien untergebracht und war, wie er selbst sagte, „ziemlich durchgeknallt“. Er hatte ständig Ärger mit der Polizei, nahm Drogen und entwickelte einen zunehmend selbstzerstörerischen Lebensstil.
Dann wurde Mark (der jetzt in seinen 30ern ist) von seiner Freundin zu Alpha in unsere Gemeinde eingeladen. Am Alphawochenende begegnete ihm Gott auf eindrucksvolle Weise. Er erzählte: „Mein Kleingruppenleiter, Toby, betete für mich, dass der Heilige Geist auf mich komme – und ich merkte, wie Er kam. Ich begann unkontrolliert zu weinen.“
„Ich lief in den nächsten Pub, schnappte mir ein Bier und verkroch mich in der dunkelsten Ecke, die ich draußen finden konnte. Nachdem ich eine Weile ganz still dagesessen war, fühlte ich mich auf einmal getröstet und geborgen. Geliebt. Ich fühlte mich als Teil einer Familie; ein Gefühl, das ich bis dahin nicht gekannt hatte.
„Weinend bat ich um ein weiteres Zeichen. Ich betete, dass Toby rauskommen würde. Während ich die Worte noch betete, kam Toby durch die Tür, um mich zu suchen.
„Gott ist real, und Er liebt mich bedingungslos. Und Er ist freundlich. Der Heilige Geist hat mich gerettet. Das Alphawochenende hat mir geholfen, Ihn zu finden. Er wusste, wo ich zu finden sein würde. Und als ich dann am richtigen Ort war, wartete Er dort schon auf mich.“
Marks Geschichte hat schon bei vielen Menschen Spuren hinterlassen. Deine Geschichte ist vielleicht nicht so dramatisch wie die von Mark, aber jeder hat eine Geschichte. Ob du in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen oder erst seit ein paar Stunden Christ bist: deine Geschichte zählt.
Sprüche 12,8–17
8 Jeder bewundert einen klugen Kopf,
aber ein hinterhältiger Mensch wird verachtet.
9 Wer kein Ansehen genießt, sich aber einen Diener leisten kann,
ist besser dran als ein Wichtigtuer, der nichts zu essen hat.
10 Ein guter Mensch sorgt für seine Tiere,
der Gottlose aber ist durch und durch grausam.
11 Wer seine Felder bestellt, hat genug zu essen;
wer bloß Luftschlösser baut, ist ohne Verstand.
12 Wer Gott missachtet, sucht Sicherheit an falscher Stelle;
denn nur wer mit Gott lebt, hat auch wirklich festen Halt.
13 Die Worte eines bösen Menschen sind eine Falle;
doch wer Gott gehorcht, entkommt der Gefahr.
14 Wer Gutes sagt und tut, dem wird es gut ergehen.
Denn der Mensch bekommt, was er verdient.
15 Ein Dummkopf weiß immer alles besser,
ein Kluger nimmt auch Ratschläge an.
16 Wird ein Dummkopf gekränkt,
macht er seinem Ärger sofort Luft;
der Kluge beherrscht sich, wenn er bloßgestellt wird.
17 Wer vor Gericht die Wahrheit aussagt,
fördert die Gerechtigkeit; ein falscher Zeuge unterstützt den Betrug.
Kommentar
Erzähle deine Geschichte, wie sie ist
Die Sprüche heute sprechen viele unterschiedliche Themen an, angefangen bei der Haltung von Haustieren (12,10) bis hin zu Nachsicht bei Beleidigungen: „Ein Narr ist jähzornig, der Kluge aber bleibt ruhig, wenn er beschimpft wird“ (12,16).
Einer der Sprüche passt aber sehr gut zum heutigen Thema: „Ein ehrlicher Zeuge spricht die Wahrheit“ (12,17a). Hier ist wohl die Rede von Zeugen in einem Gericht, aber in gewissem Sinn sind wir alle Zeugen; wir können alle Jesus bezeugen.
Ob du abends mit Freunden unterwegs bist oder vor der versammelten Gemeinde stehst, man spürt, wenn jemand seine Geschichte ehrlich und wahrheitsgetreu, von Herzen erzählt.
Gebet
Herr, bitte hilf mir, meine Geschichte wahrhaftig und von Herzen zu erzählen.
Johannes 9,1–34
Jesus heilt einen Blinden
1 Unterwegs sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. 2 »Rabbi«, fragten die Jünger, »wer ist schuld daran, dass dieser Mann blind ist? Hat er selbst Schuld auf sich geladen oder seine Eltern?«
3 »Weder noch«, antwortete Jesus. »Vielmehr soll an ihm die Macht Gottes sichtbar werden. 4 Solange es Tag ist, müssen wir die Taten Gottes vollbringen, der mich gesandt hat. Bald kommt die Nacht, in der niemand mehr etwas tun kann. 5 Doch solange ich in der Welt bin, werde ich für die Menschen das Licht sein.«
6 Dann spuckte er auf die Erde, rührte mit dem Speichel einen Brei an und strich ihn auf die Augen des Blinden. 7 Dann forderte er ihn auf: »Geh jetzt zum Teich Siloah und wasch dich dort.« Siloah heißt übersetzt: »der Gesandte«. Der Blinde ging hin, wusch sich, und als er zurückkam, konnte er sehen.
8 Seine Nachbarn und andere Leute, die ihn als blinden Bettler kannten, fragten erstaunt: »Ist das nicht der Mann, der immer an der Straße saß und bettelte?« 9 Einige meinten: »Er ist es.« Aber andere konnten es einfach nicht glauben und behaupteten: »Das ist unmöglich! Er sieht ihm nur sehr ähnlich.« »Doch, ich bin es«, bestätigte der Mann selbst.
10 Da fragten sie ihn: »Wie kommt es, dass du plötzlich sehen kannst?«
11 Er berichtete: »Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Brei und strich ihn auf meine Augen. Dann schickte er mich zum Teich Siloah. Dort sollte ich den Brei abwaschen. Das habe ich getan, und jetzt kann ich sehen!« 12 »Wo ist denn dieser Jesus?«, fragten sie weiter. »Das weiß ich nicht«, gab er ihnen zur Antwort.
Das Verhör der Pharisäer
13 Sie brachten den von seiner Blindheit geheilten Mann zu den Pharisäern. 14 Es war nämlich gerade Sabbat, als Jesus den Brei gemacht und den Blinden geheilt hatte. 15 Auch die Pharisäer fragten ihn: »Wie kommt es, dass du jetzt sehen kannst?« Der Mann erzählte: »Jesus strich einen Brei auf meine Augen. Ich habe mich dann gewaschen, und nun kann ich sehen.«
16 Einige der Pharisäer meinten: »Von Gott kann dieser Mann nicht kommen, denn er hält sich nicht an die Sabbatgebote.« Andere aber wandten ein: »Wie kann ein sündiger Mensch solche Wunder vollbringen?« So gingen ihre Meinungen auseinander.
17 Dann erkundigten sich die Pharisäer noch einmal bei dem Mann, der blind gewesen war: »Durch ihn kannst du jetzt also sehen? Was meinst denn du, wer dieser Mann ist?« »Er ist ein von Gott gesandter Prophet«, antwortete er.
18 Doch die Pharisäer wollten nicht glauben, dass er überhaupt blind gewesen war. Sie ließen deshalb seine Eltern holen 19 und verhörten sie: »Ist das euer Sohn? Stimmt es, dass er von Geburt an blind war? Wie kommt es, dass er jetzt sehen kann?«
20 Die Eltern antworteten: »Ja, das ist unser Sohn, und er war von Geburt an blind. Das wissen wir genau. 21 Aber wie es kommt, dass er jetzt sehen kann, wissen wir nicht. Wir haben auch keine Ahnung, wer ihn geheilt hat. Fragt ihn doch selbst! Er ist alt genug und kann euch am besten selbst Auskunft geben.« 22 Diese ausweichende Antwort gaben die Eltern, weil sie vor den führenden Juden Angst hatten. Denn die hatten bereits beschlossen, jeden aus der Synagoge auszuschließen, der sich zu Jesus als dem Christus, dem von Gott gesandten Retter, bekannte. 23 Nur deshalb hatten die Eltern gesagt: »Er ist alt genug. Fragt ihn selbst.«
24 Also verhörten die Pharisäer den Geheilten zum zweiten Mal. Sie beschworen ihn: »Bekenne dich zu Gott und sag die Wahrheit! Wir wissen, dass dieser Jesus ein sündiger Mensch ist.«
25 »Ob er ein Sünder ist, das weiß ich nicht«, antwortete der Mann. »Ich weiß nur eins: Ich war blind, und jetzt kann ich sehen!« 26 »Aber was hat er denn gemacht? Wie hat er dich geheilt?«, versuchten sie erneut herauszubekommen.
27 Verärgert erwiderte der Mann: »Das habe ich euch doch schon gesagt, habt ihr nicht zugehört? Warum soll ich alles noch einmal erzählen? Wollt ihr etwa auch seine Jünger werden?«
28 Da wurden sie zornig und schrien ihn an: »Du bist sein Jünger! Wir sind Moses Jünger. 29 Von Mose wissen wir, dass Gott zu ihm geredet hat. Aber von diesem Menschen wissen wir noch nicht einmal, wo er herkommt.«
30 »Das ist ja merkwürdig!«, entgegnete der Mann. »Er hat mich von meiner Blindheit geheilt, und ihr wisst nicht, woher er kommt? 31 Wir wissen doch alle, dass Gott die Gebete der Sünder nicht erhört. Aber wer Gott ehrt und nach seinem Willen lebt, den erhört er. 32 Noch nie seit Menschengedenken hat jemand einem von Geburt an Blinden das Augenlicht geschenkt. 33 Wenn dieser Mann nicht von Gott käme, hätte er das doch gar nicht tun können.«
34 Da fuhren sie ihn an: »Du warst doch schon bei deiner Geburt ein Sünder und willst uns belehren?« Dann schlossen sie ihn aus der jüdischen Gemeinschaft aus.
Kommentar
Hör nicht auf, deine Geschichte zu erzählen
Ich liebe die Geschichte in unserem heutigen Abschnitt von dem Mann, der blind zur Welt kam. Zuerst einmal weist Jesus die unterstellte Verbindung zwischen Sünde und Leid zurück (9,1-3). Die Pharisäer gingen davon aus, dass der Mann blind geboren wurde, weil er „in Sünden geboren“ sei (9,34).
Jesu Jünger stellten dieselbe Frage, die in allen Kulturen gestellt wird, „Warum kommen manche Menschen mit einer Behinderung zur Welt?“ Wessen Schuld ist es – die des Mannes oder die seiner Eltern (9,2)? Jesus erklärt ihnen, dass die Frage falsch sei, und erwidert, „Es lag nicht an seinen Sünden oder den Sünden seiner Eltern…Er wurde blind geboren, damit die Kraft Gottes an ihm sichtbar werde“ (9,3).
Jesus heilt den Mann durch Seine Worte und Seine Berührung. Er begegnet ihm mit großer Liebe und Respekt. Das Wunder sorgt für viel Aufregung. Die den blinden Mann kannten, begannen den Fall zu diskutieren.
Wir sehen, dass immer wieder versucht wird, Heilungswunder weg zu erklären. Als dem Blinden die Augen geöffnet wurden, „fragten seine Nachbarn und andere, die ihn als blinden Bettler kannten, einander: „Ist das derselbe Mann - der Bettler?“ Einige meinten, er sei es; andere sagten: „Nein, aber er sieht aus wie jener!“ (9,8-9a).
Wir sehen die Gefahr, sich in religiösen Feinheiten zu verlieren und dabei das Wesentliche zu versäumen. Als der Mann seine Heilungsgeschichte erzählte, reagierten einige so: „Dieser Mensch, Jesus, kommt nicht von Gott, denn er bricht das Gesetz und arbeitet am Sabbat“ (9,16).
Der Mann wiederholt seine Geschichte immer wieder. Er hat keine Antworten auf ihre komplizierten Fragen, aber er gibt die beste Antwort, die man geben kann, wenn man die Antwort auf eine Frage nicht kennt: „Das weiß ich nicht“ (9,12).
Am besten gefällt mir seine Reaktion, als er schließlich all ihre skeptischen und zynischen Bemerkungen satt hat. Er erklärt ihnen, er wisse es nicht, „Aber eins weiß ich: Ich war blind, und jetzt kann ich sehen!“ (9,25).
Als ihm die Augen geöffnet werden, öffnen sich auch sein Herz und sein Verstand. Es beginnt damit, dass er den „Mann, den sie Jesus nennen,“ kennt (9,11). Dann erkennt er, dass Er „ein Prophet“ (9,17) „von Gott“ (9,33) ist. Am Ende glaubt er, dass Er der „Menschensohn“ ist und betet Ihn an (9,35.38).
Das ist die Kraft eines Zeugnisses. Es ist eine wunderbare Art mit Opposition umzugehen: „Früher war ich so… und jetzt bin ich so… Das ist der Unterschied, den Jesus in meinem Leben macht.“
Deine eigene Geschichte erzählen, bleibt einer der Schlüssel, deinen Glauben in der heutigen Zeit weiterzugeben –damals wie heute.
Gebet
Herr, ich danke Dir für die Kraft der Geschichten jener, die sagen, „Ich war blind, und jetzt kann ich sehen!“ (9,25). Ich bete, dass noch viele kommen, die Zeugnis davon geben, wie sie ihre Begegnung mit Dir verändert hat; wie ihre Augen geöffnet und sie geheilt wurden.
Rut 1,1–2,23
»Dein Gott ist mein Gott!«
1-2 Zu der Zeit, als das Volk Israel von Männern geführt wurde, die man Richter nannte, brach im Land eine Hungersnot aus. Darum verließ ein Mann namens Elimelech aus der Sippe Efrat die Stadt Bethlehem in Juda, wo er gewohnt hatte. Er ging mit seiner Frau Noomi und seinen beiden Söhnen Machlon und Kiljon ins Land Moab und ließ sich dort nieder.
3 Doch dann starb Elimelech, und Noomi blieb mit ihren Söhnen allein zurück. 4 Die beiden heirateten zwei Frauen aus Moab, sie hießen Orpa und Ruth. Nach etwa zehn Jahren 5 starben auch Machlon und Kiljon. Nun hatte Noomi keinen Mann und keine Söhne mehr.
6-7 Bald darauf erfuhr sie, dass der HERR sich über sein Volk erbarmt und ihm wieder eine gute Ernte geschenkt hatte. Sofort brach sie auf, um in ihre Heimat Juda zurückzukehren. Ihre Schwiegertöchter begleiteten sie.
8 Unterwegs sagte Noomi zu ihnen: »Geht doch wieder zurück in euer Elternhaus, kehrt um! Möge der HERR euch so viel Liebe erweisen, wie ihr sie den Verstorbenen und mir entgegengebracht habt! 9 Er gebe euch ein neues Zuhause an der Seite eines zweiten Mannes!« Sie küsste ihre Schwiegertöchter. Die beiden fingen an zu weinen 10 und widersprachen ihr: »Nein, wir wollen mit dir zu deinem Volk gehen!«
11 Doch Noomi entgegnete: »Kehrt doch um, meine Töchter! Warum wollt ihr mich unbedingt begleiten? Ich werde keine Söhne mehr zur Welt bringen, die eure Männer werden könnten. 12 Kehrt um, meine Töchter, geht! Ich bin zu alt, um wieder zu heiraten. Und selbst wenn ich die Hoffnung nicht aufgeben würde, ja, wenn ich noch heute Nacht einen Mann bekommen und dann Söhne zur Welt bringen würde: 13 Wollt ihr etwa so lange warten, bis sie erwachsen sind? Wollt ihr euch bis dahin von allen Männern fernhalten und jede Gelegenheit ausschlagen, noch einmal zu heiraten? Nein, meine Töchter! Der HERR hat sich gegen mich gewandt, euch jedoch möchte ich das harte Schicksal ersparen, das mich getroffen hat.«
14 Da weinten die beiden noch mehr. Orpa küsste ihre Schwiegermutter zum Abschied, Ruth aber wollte sie auf keinen Fall verlassen.
15 Da forderte Noomi sie auf: »Schau, deine Schwägerin kehrt zu ihrem Volk und zu ihrem Gott zurück. Geh doch mit ihr!«
16 Aber Ruth erwiderte: »Besteh nicht darauf, dass ich dich verlasse! Ich will mich nicht von dir trennen. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. 17 Wo du stirbst, will ich auch sterben und begraben werden. Nur der Tod kann mich von dir trennen; wenn ich dieses Versprechen nicht halte, soll der HERR mich hart bestrafen!« 18 Noomi merkte, dass Ruth darauf bestand, mit ihr zu gehen, und so versuchte sie nicht mehr, sie zur Umkehr zu überreden.
19 Zu zweit setzten sie ihren Weg nach Bethlehem fort. Als sie dort ankamen, ging es wie ein Lauffeuer durch die Stadt. »Ist das nicht Noomi?«, riefen die Frauen.
20 »Nennt mich nicht länger Noomi (›die Fröhliche‹)«, erwiderte sie, »nennt mich Mara (›die Betrübte‹), denn der allmächtige Gott hat mir ein schweres Schicksal auferlegt: 21 Als ich von hier fortzog, hatte ich alles, was man sich nur wünschen kann. Jetzt lässt mich der HERR mit leeren Händen zurückkehren. Warum nennt ihr mich also noch Noomi? Der HERR hat sein Urteil gegen mich gesprochen; er, der Allmächtige, hat mir bitteres Leid zugefügt.«
22 Als Noomi mit ihrer moabitischen Schwiegertochter Ruth nach Bethlehem kam, begann gerade die Gerstenernte.
Ruth lernt Boas kennen
2 1 In Bethlehem wohnte ein Mann namens Boas, der aus derselben Sippe stammte wie Noomis verstorbener Mann Elimelech. Boas war wohlhabend und einflussreich.
2 Eines Tages sagte Ruth zu ihrer Schwiegermutter: »Ich möchte auf die Felder gehen und dort die Ähren auflesen, die von den Erntearbeitern nicht mitgenommen wurden. Irgendjemand wird es mir sicher erlauben.« »Ja«, antwortete Noomi, »geh nur!« 3 Auf einem der Felder ging Ruth hinter den Erntearbeitern her und sammelte die Ähren auf, die sie liegen ließen. Sie wusste nicht, dass gerade dieses Feld Boas aus der Sippe von Elimelech gehörte.
4 Als Boas nun von Bethlehem zu seinen Arbeitern aufs Feld kam, begrüßte er sie: »Der HERR sei mit euch!« Sie antworteten: »Der HERR segne dich!«
5 Boas erkundigte sich bei dem Mann, der die Arbeiter beaufsichtigte: »Zu wem gehört diese junge Frau da?«
6 »Sie ist eine Moabiterin, die mit Noomi aus Moab zurückgekehrt ist«, erwiderte der Mann. 7 »Sie hat mich gefragt, ob sie dort, wo deine Männer schon waren, die liegen gebliebenen Ähren auflesen darf. Seit dem frühen Morgen ist sie bereits da und hat sich noch kaum in den Schatten gesetzt.«
8 Da sagte Boas zu Ruth: »Ich mache dir einen Vorschlag: Du brauchst nicht auf ein anderes Feld zum Ährenlesen zu gehen; bleib hier bei meinen Mägden, 9 die die Garben binden! Sammle immer dort, wo die Arbeiter gerade das Korn abmähen. Ich habe ihnen verboten, dich zu belästigen. Wenn du Durst hast, dann geh ruhig zu den Krügen dort und trink von dem Wasser, das meine Männer geschöpft haben!«
10 Da warf Ruth sich vor ihm nieder und fragte: »Womit habe ich das verdient? Warum beachtest du mich, obwohl ich eine Ausländerin bin?«
11 Boas antwortete: »Man hat mir berichtet, wie du seit dem Tod deines Mannes deiner Schwiegermutter beigestanden hast. Deine Eltern und dein Land hast du verlassen und dich einem Volk angeschlossen, das du vorher nicht kanntest. 12 Du bist zum HERRN, dem Gott Israels, gekommen, um bei ihm Schutz und Zuflucht zu finden. Möge er alle deine Taten reich belohnen!«
13 Da sagte sie: »Mein Herr, ich danke dir für deine große Freundlichkeit! Deine Worte geben mir Mut und Hoffnung. Du schenkst mir deine Gunst, obwohl ich doch viel geringer als deine Mägde bin.«
14 Als es Zeit zum Essen war, rief Boas Ruth zu sich. »Komm hierher und iss etwas Brot!«, forderte er sie auf. »Du kannst es auch in den Weinessig tunken.« Ruth setzte sich zu seinen Leuten, und Boas reichte ihr geröstete Getreidekörner. So konnte sie sich satt essen und behielt sogar noch etwas übrig. 15 Als sie aufstand, um weiterzuarbeiten, befahl Boas seinen Männern: »Lasst sie auch dort sammeln, wo die Garben noch nicht weggeräumt sind, und macht ihr deshalb keine Vorwürfe! 16 Zieht sogar absichtlich Ähren aus den Bündeln heraus und lasst sie dort für sie liegen. Kein böses Wort soll sie von euch hören!«
17 Bis zum Abend arbeitete Ruth auf dem Feld. Als sie die Ähren ausklopfte, hatte sie etwa 15 Kilogramm Gerste beisammen. 18 Sie brachte das Getreide nach Hause und zeigte es ihrer Schwiegermutter. Dann gab sie ihr die gerösteten Körner, die sie vom Mittagessen übrig behalten hatte.
19 »Wo hast du nur so viel sammeln können?«, fragte Noomi. »Erzähl mir, wo du gewesen bist. Gott segne den, der so freundlich zu dir war!« Ruth berichtete: »Der Mann, der mich auf sein Feld gelassen hat, hieß Boas.«
20 »Der HERR segne ihn!«, rief Noomi erfreut. »Denn er hat uns nicht unserem Schicksal überlassen, der Name unserer Männer wird nicht vergessen werden! Du musst wissen: Boas ist ein naher Verwandter von uns und darum nach dem Gesetz verpflichtet, uns zu helfen.«
21 Ruth erzählte weiter: »Boas hat mir angeboten, immer in der Nähe seiner Arbeiter die Ähren aufzulesen, bis die ganze Ernte eingebracht ist!«
22 »Es ist gut, wenn du mit seinen Mägden hinausgehst«, meinte Noomi, »auf einem anderen Feld würde man dich vielleicht belästigen.«
23 So arbeitete Ruth während der ganzen Gersten- und Weizenernte zusammen mit den Mägden von Boas. Sie wohnte weiter bei ihrer Schwiegermutter.
Kommentar
Erzähle deine Geschichte unaufgeregt
Wahre Liebe ist oft harte Arbeit, mitunter kommt sie ungelegen und hat einen hohen Preis. Aber wahre Freude empfinden nur die, denen andere so wichtig sind, dass ihnen das egal ist.
Das Buch Rut handelt von zwei Witwen und einem Bauern in einem entlegenen Dorf. Es ist so herrlich anders als das Buch Richter. Während der Kontext derselbe ist („Zu der Zeit, als die Richter in Israel regierten“; 1,1), unterscheiden sie sich inhaltlich erheblich.
Während Richter eine Aneinanderreihung von bösen Taten und Rebellion gegen Gott ist, weil „jeder tat, was er wollte“ (Richter 21,25; GNB), erzählt das Buch Rut eine wunderbare Geschichte von Loyalität, Treue und Güte – die umso beeindruckender ist, wenn man bedenkt, dass sie sich in dieser selbstsüchtigen Zeit ereignete. Das Buch Richter betrachtet das ganze Bild des Volkes Israel in diesem Zeitraum, während das Buch Rut sich auf eine bestimmte Familie konzentriert.
Es erinnert uns daran, dass der Gott des Universums und der Geschichte gleichzeitig auch der Gott der kleinen Dinge in unserem Leben ist. Er ist nicht nur der Allmächtige und Starke, sondern Er ist auch dein Vater, der Sich ehrlich um dich sorgt. Er interessiert Sich für dein Leben mit all seinen Details. Dein Leben ist Ihm wichtig.
Das Buch Rut führt uns Gottes Fürsorge, Versorgung und Treue in den kleinen Dingen unseres Lebens vor Augen.
Noomi sorgte sich mehr um Rut als um sich selbst. Noomi wollte, dass Rut in ihre Heimat zurückkehrte, damit ihre Chancen auf eine Wiederheirat stiegen. Sie war bereit, Rut für deren Glück gehen zu lassen (1,8-13). Ruts Liebe für Noomi war ebenso selbstlos wie aufopferungsvoll.
Sie ist durchaus bereit, nicht wieder zu heiraten. Sie bringt ihrer Schwiegermutter außergewöhnliche Loyalität entgegen und sagt, „Verlang nicht von mir, dass ich dich verlasse und umkehre. Wo du hingehst, dort will ich auch hingehen, und wo du lebst, da möchte ich auch leben. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da will ich auch sterben und begraben werden. Der Herr soll mich strafen, wenn ich zulasse, dass irgendetwas anderes als der Tod uns trennt!“ (1,16-17).
Auch Boas war ein gottesfürchtiger Mann. Er hörte von Ruts gutem Ruf. Sie war nicht nur loyal und treu - sie konnte auch hart arbeiten (2,7). Jemand muss ihr ein gutes Zeugnis ausgestellt haben, denn Boas sagt, „Man hat mir berichtet, wie du seit dem Tod deines Mannes deiner Schwiegermutter beigestanden hast. Deine Eltern und dein Land hast du verlassen und dich einem Volk angeschlossen, das du vorher nicht gekannt hast“ (2,11; Hfa).
Außerdem muss Rut ihren Glauben bezeugt haben, denn Boas wusste, dass sie an den „Gott Israels, unter dessen Flügeln du Zuflucht gesucht hast“ glaubte (2,12).
Boas ist außerordentlich freundlich und gütig zu Rut. Ihrer Schwiegermutter berichtet sie, „Der Mann, auf dessen Feld ich heute war…hieß Boas…Jetzt sehe ich, dass der Herr uns nicht im Stich gelassen hat, uns Lebende nicht und nicht unsere Toten“ (2,19-20).
Gebet
Herr, ich danke Dir für dieses Vorbild an Loyalität, Freundlichkeit und Treue. Bitte lass mich so werden. Hilf uns als Christen, bei den Menschen für unsere Loyalität, Freundlichkeit und Treue bekannt zu sein.
Pippa fügt hinzu
Ruth 1,1–2,23
Die Geschichte von Rut nach den furchtbaren Geschichten in den letzten Kapiteln im Buch Richter lässt einen aufatmen. Wir treffen hier auf ein ruhiges, fast idyllisches Leben. Alle sind ehrlich, freundlich und zuverlässig. Die Beziehung zwischen Noomi und Rut ist ungewöhnlich stark von Liebe und Loyalität geprägt. Die beiden legen die Messlatte sehr hoch für eine Mutter – Schwiegertochter Beziehung.
App
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Verweise
Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuellen Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“)
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Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“