Tag 7

Doppelter Segen

Weisheit Psalm 6,1–10
Neues Testament Matthäus 5,43-6,24
Altes Testament 1. Mose 14,1–16,16

Einführung

Gnade” ist ein wunderbares Wort! Ich bin so dankbar, dass Gott ein gnädiger Gott ist. William Shakespeare ist es gelungen, das Wunder der Gnade in Porzias Rede im Kaufmann von Venedig einzufangen:

„Die Art der Gnade weiß von keinem Zwang. Sie träufelt wie des Himmels milder Regen Zur Erde unter ihr; zwiefach gesegnet: Sie segnet den, der gibt, und den, der nimmt“

Im englischen Original schreibt Shakespeare von der „quality of mercy”, also welcher Qualität die Gnade ist. (Anm. des Übersetzers)

Du wirst gesegnet, wenn du Gnade oder Barmherzigkeit erfährst und auch, wenn du anderen Menschen gnädig und barmherzig bist.

Weisheit

Psalm 6,1–10

1 Ein Lied von David, mit einem tief
  gestimmten Saiteninstrument zu begleiten.
2 HERR, du lässt mich deinen Zorn spüren.
  Ich flehe dich an: Strafe mich nicht länger!
3 Hab Erbarmen mit mir, HERR, ich sieche dahin!
  Heile mich, denn ich bin am Ende meiner Kraft!
4 Ich weiß weder aus noch ein.
  HERR, wie lange willst du dir das noch ansehen?

5 Wende dich mir wieder zu, HERR, und rette mich!
  Hilf mir, du bist doch ein barmherziger Gott!
6 Wenn ich tot bin, kann ich dir nicht mehr danken.
  Wie soll ich dich denn im Totenreich loben?

7-8 Ach, ich bin müde vom Stöhnen.
  Nachts im Bett weine ich, bis die Kissen durchnässt
  und meine Augen ganz verquollen sind.
  Daran sind nur meine Feinde schuld,
  sie haben mich in die Enge getrieben.

9 Ihr Verbrecher, verschwindet,
  denn der HERR hat meine Tränen gesehen!
10 Ja, der HERR hat mein Schreien gehört,
  er nimmt mein Gebet an.

Kommentar

Rufe den Gott der Gnade an

Kennst Du solche Zeiten, in denen alles ein einziger Kampf ist und nichts zu klappen scheint? Du fühlst dich „schwach“ (6,3), leidest Qualen“ (6,2), „der Schreck sitzt Dir in den Gliedern“ (6,4; NGÜ), Du bist „erschöpft“ (6,7), in „Tränen“ (6,7), „vor Kummer schwach“ (6,8; GÜ).

Manchmal sind wir selbst schuld an dieser Situation. Ein andermal wurde sie ausgelöst durch einen Todesfall, einen plötzlichen Verlust, Beziehungsprobleme, das Auseinanderbrechen der Familie, Krankheit, Problemen am Arbeitsplatz, Arbeitslosigkeit oder Widerständen.

David hat so manche schwere Zeit durchgemacht, aber inmitten dieser Situationen, rief er Gott an und bat Ihn um Barmherzigkeit: „Hab Erbarmen mit mir, Herr“ (6,3). Er wusste, dass Gott ein gnädiger, ein barmherziger Gott ist. Er betete: „Rette mich um deiner Barmherzigkeit willen!“ (6,5; NGÜ).

Manchmal hat es den Anschein, als wollten die Probleme kein Ende nehmen. In so einer Lebensphase können wir uns wie David an Gott wenden, zu Ihm rufen, „Wie lange noch, Herr?“ (6,4). Wir rufen Gott um Gnade an, und es kommt uns vor, als höre Er nicht zu. Aber Er tut es. Der Moment wird kommen, in dem wir mit David sagen können, „der Herr hat mein Weinen gehört. Der Herr hat mein Bitten [um Barmherzigkeit] vernommen“ (6,9-10).

Gebet

Herr, ich danke Dir, dass Du ein barmherziger Gott bist. Danke, dass Du mein Flehen nach Barmherzigkeit hörst und dass Du mein Gebet annimmst. Sei mir gnädig, oh Herr!

Neues Testament

Matthäus 5,43-6,24

43 Es heißt bei euch: ›Liebe deinen Mitmenschen und hasse deinen Feind!‹ 44 Doch ich sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen! 45 So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne für Böse wie für Gute aufgehen, und er lässt es regnen für Fromme und Gottlose. 46 Wollt ihr etwa noch dafür belohnt werden, dass ihr die Menschen liebt, die euch auch lieben? Das tun sogar die Zolleinnehmer, die sonst bloß auf ihren Vorteil aus sind! 47 Wenn ihr nur euren Freunden liebevoll begegnet, ist das etwas Besonderes? Das tun auch die, die von Gott nichts wissen. 48 Ihr aber sollt in eurer Liebe vollkommen sein, wie es euer Vater im Himmel ist.«

Was echte und falsche Frömmigkeit ausmacht …

6 1 »Hütet euch davor, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen. Sonst könnt ihr von eurem Vater im Himmel keinen Lohn mehr erwarten.«

… wenn man gibt

2 »Wenn du also einem Armen etwas gibst, dann posaune es nicht hinaus wie die Heuchler. Sie reden davon in den Synagogen und auf den Gassen, damit alle sie bewundern. Ich versichere euch: Diese Leute haben ihren Lohn schon erhalten. 3 Bei dir soll es anders sein: Wenn du einem Bedürftigen hilfst, dann soll deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut; 4 niemand soll davon erfahren. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.«

… wenn man betet

5 »Und wenn ihr betet, dann tut das nicht wie die Heuchler! Sie beten gern öffentlich in den Synagogen und an den Straßenecken, um von den Menschen gesehen zu werden. Ich versichere euch: Diese Leute haben ihren Lohn schon erhalten! 6 Wenn du beten willst, zieh dich zurück in dein Zimmer, schließ die Tür hinter dir zu und bete zu deinem Vater. Denn er ist auch da, wo niemand zuschaut. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen. 7 Leiere nicht gedankenlos Gebete herunter wie Leute, die Gott nicht kennen. Sie meinen, sie würden bei Gott etwas erreichen, wenn sie nur viele Worte machen. 8 Folgt nicht ihrem schlechten Beispiel, denn euer Vater weiß genau, was ihr braucht, schon bevor ihr ihn um etwas bittet.

9 Ihr sollt deshalb so beten:

  Unser Vater im Himmel!
  Dein heiliger Name soll geehrt werden.
 10 Lass dein Reich kommen.
 Dein Wille geschehe hier auf der Erde,
 so wie er im Himmel geschieht.
 11 Gib uns auch heute, was wir zum Leben brauchen,
 12 und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben,
 die an uns schuldig geworden sind.
 13 Lass uns nicht in Versuchung geraten, dir untreu zu werden,
 sondern befreie uns von dem Bösen.

14 Euer Vater im Himmel wird euch vergeben, wenn ihr den Menschen vergebt, die euch Unrecht getan haben. 15 Wenn ihr ihnen aber nicht vergebt, dann wird Gott auch eure Schuld nicht vergeben.«

… wenn man fastet

16 »Wenn ihr fastet, dann schaut nicht so drein wie die Heuchler! Sie setzen eine wehleidige Miene auf und vernachlässigen ihr Aussehen, damit jeder merkt, dass sie fasten. Ich versichere euch: Diese Leute haben ihren Lohn schon erhalten! 17 Bei dir soll es anders sein: Wenn du fastest, dann pflege dein Äußeres so, 18 dass keiner etwas von deinem Verzicht merkt – außer deinem Vater im Himmel. Denn er ist auch da, wo niemand zuschaut. Und dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird dich dafür belohnen.«

Über unvergänglichen Reichtum …

19 »Häuft in dieser Welt keine Reichtümer an! Sie werden nur von Motten und Rost zerfressen oder von Einbrechern gestohlen! 20 Sammelt euch vielmehr Schätze im Himmel, die unvergänglich sind und die kein Dieb mitnehmen kann. 21 Wo nämlich euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.«

… Großzügigkeit …

22 »Durch die Augen fällt das Licht in deinen Körper. Wenn sie klar sehen, bist du ganz und gar vom Licht erfüllt. 23 Wenn sie aber durch Neid oder Habgier getrübt sind, ist es dunkel in dir. Und wie tief ist diese Finsternis, wenn das Licht in deinem Innern erloschen ist!

24 Niemand kann zwei Herren gleichzeitig dienen. Wer dem einen richtig dienen will, wird sich um die Wünsche des anderen nicht kümmern können. Er wird sich für den einen einsetzen und den anderen vernachlässigen. Auch ihr könnt nicht gleichzeitig für Gott und das Geld leben.«

Kommentar

Sei anderen gegenüber so barmherzig wie Gott es zu dir ist

Barmherzigkeit und Gnade anderen Menschen gegenüber steht im Mittelpunkt der „Lehre“ Jesu. „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel“ (5,44-45a; LUT). Liebe ist mehr als barmherzig sein, aber Barmherzigkeit und Gnade sind wesentliche Bestandteile der Liebe.

Jesus nennt drei Gründe in dem Abschnitt von heute, warum wir zu Menschen, die uns Unrecht zugefügt haben, barmherzig sein sollen:

  1. Wenn wir barmherzig sind, eifern wir unserem Vater im Himmel nach - damit „ihr wie wahre Kinder eures Vaters im Himmel [handelt]“ (5,45a). Gottes Gnade erstreckt sich auch auf die, die Ihn ablehnen. „Er lässt die Sonne für Böse und Gute aufgehen und sendet Regen für die Gerechten wie für die Ungerechten“ (5,45b).

2.\tBarmherzigkeit soll zu unserem Markenzeichen in der Welt werden. – „Wenn ihr nur die liebt, die euch auch lieben, was ist daran Besonderes? Das tun sogar die bestechlichen Steuereintreiber“ (5,46). Wir neigen dazu, nur die Menschen zu mögen, die uns irgendwie ähnlich sind oder die wir einfach mögen. Wir aber sind aufgefordert zu dem, was Dietrich Bonhoeffer als „das „Außerordentliche … den Echtheitsstempel eines Christen“ bezeichnet.

3.\tEs gibt einen Zusammenhang zwischen Vergeben und Vergebung empfangen. Wir können nicht Gottes Vergebung empfangen und dann anderen gegenüber unbarmherzig sein. Man kann sich Vergebung nicht verdienen, indem man anderen zuerst vergibt, aber unsere Barmherzigkeit für andere ist ein Zeichen dafür, dass wir Vergebung empfangen haben. „Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr euch aber weigert, anderen zu vergeben, wird euer Vater euch auch nicht vergeben“ (6,14-15). Genauso wie wir jeden Tag Gottes Barmherzigkeit und Vergebung brauchen, müssen wir tagtäglich auch anderen gegenüber barmherzig sein und ihnen vergeben.

Jesus geht dann auch darauf ein, wie du Barmherzigkeit ganz praktisch leben kannst. Er betont, wie wichtig dabei Gebet ist. Er sagt, „Betet für die, die euch verfolgen“ (5,44). Für deine Feinde zu beten, hilft dir, sie so zu sehen, wie Gott sie sieht. Im Gebet stellst du dich neben sie; du nimmst ihre Schuld und Not auf dich und trittst vor Gott für sie ein. Gebet ist der Härtetest für die Liebe. Im Licht von Gottes Gegenwart werden unsere wahren Gefühle in all ihrer Tiefe offenbar.

Gnade und Barmherzigkeit sind auch das zentrale Thema des Vaterunsers: „und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind“ (6,12). (Natürlich geht es noch um viele andere Themen, aber die wollen wir uns ansehen, wenn wir in den anderen Evangelien zum Vaterunser kommen.)

Wenn wir beten, so lehrt uns Jesus, sollen wir

•\tKeine große Sache daraus machen „geh an einen Ort, wo du allein bist, schließ die Tür hinter dir und bete in der Stille zu deinem Vater“ (6,6a).

•\tEinfach und simpel „Plappert nicht vor euch hin, wenn ihr betet, wie es die Menschen tun, die Gott nicht kennen. Sie glauben, dass ihre Gebete erhört werden, wenn sie die Worte nur oft genug wiederholen“ (6,7).

Und schließlich soll auch unser Geben von Barmherzigkeit bestimmt sein. Großzügigkeit ist eine Form der Barmherzigkeit. „Wenn du jemandem etwas gibst, dann sag deiner linken Hand nicht, was deine rechte tut. Gib in aller Stille, und dein Vater, der alle Geheimnisse kennt, wird dich dafür belohnen“ (6,3-4). Damit ist gemeint, wir sollen uns keine Gedanken darüber machen, wie es auf andere wirkt, sondern es einfach tun, still und unauffällig.

Bei jedem Lesen der Bergpredigt wird mir aufs Neue bewusst, wie sehr ich selbst Barmherzigkeit brauche.

Gebet

Herr, ich danke Dir, dass Du so gnädig und barmherzig mit mir bist. Danke, dass Du mir meine Schuld vergibst. Hilf mir, Herr, zu anderen immer barmherzig zu sein.

Altes Testament

1. Mose 14,1–16,16

Abram setzt sich für Lot ein

14 1 Im Land Kanaan brach Krieg aus: Amrafel, König von Schinar, Arjoch, König von Ellasar, Kedor-Laomer, König von Elam, und Tidal, König von Gojim, 2 kämpften gegen Bera, König von Sodom, Birscha, König von Gomorra, Schinab, König von Adma, Schemeber, König von Zebojim, und gegen den König von Bela, das später Zoar hieß. 3 Diese zuletzt genannten fünf Stadtkönige hatten sich verbündet und zogen mit ihren Truppen zum Siddim-Tal, wo sich heute das Tote Meer erstreckt. 4 Zwölf Jahre lang hatte Kedor-Laomer die Oberherrschaft über sie ausgeübt, aber im dreizehnten Jahr lehnten sie sich gegen ihn auf.

5 Jetzt, ein Jahr später, marschierten Kedor-Laomer und seine Verbündeten auf, und der Krieg begann. Zuerst schlugen sie folgende Volksstämme: die Refaïter bei Aschterot-Karnajim, die Susiter bei Ham, die Emiter in der Ebene von Kirjatajim 6 und die Horiter im Gebirge Seïr bis nach El-Paran am Rand der Wüste. 7 Danach kehrten sie zurück nach En-Mischpat, dem späteren Kadesch. Sie verwüsteten das ganze Gebiet der Amalekiter und auch die Gegend um Hazezon-Tamar, die von den Amoritern bewohnt wurde.

8 Doch dann stellten sich ihnen im Siddim-Tal die Heere der abtrünnigen Könige entgegen: der Könige von Sodom, von Gomorra, von Adma, von Zebojim und von Bela, dem späteren Zoar. 9 Diese kämpften nun gegen Kedor-Laomer und seine Verbündeten; den vier Großkönigen standen also die Könige von fünf kleinen Städten gegenüber. 10 Das Tal war voller Asphaltgruben. Als die Könige von Sodom und Gomorra in die Flucht geschlagen wurden, stürzten sie hinein, die anderen entkamen ins Gebirge. 11 Die Sieger plünderten Sodom und Gomorra, sie raubten wertvolle Gegenstände und die Lebensmittelvorräte. 12 Auch Lot, den Neffen Abrams, der in Sodom wohnte, verschleppten sie, dazu seinen gesamten Besitz.

13 Ein Flüchtling aber konnte sich zu Abram, dem Hebräer, durchschlagen, der zu der Zeit bei den Eichen des Amoriters Mamre wohnte. Mamre und seine Brüder Eschkol und Aner waren mit Abram verbündet. 14 Als Abram erfuhr, dass sein Neffe verschleppt worden war, bewaffnete er alle kampferprobten Leute, die in seinem Lager geboren waren – 318 Männer –, und jagte den vier Königen hinterher. Bei Dan im Norden holte er sie ein, 15 teilte seine Leute in zwei Gruppen auf und überfiel die Feinde bei Nacht. Er schlug sie in die Flucht und verfolgte sie bis nach Hoba, nördlich von Damaskus. 16 Das Erbeutete nahm er ihnen wieder ab, darunter auch das Hab und Gut seines Neffen. Lot selbst, die Frauen und alle anderen Gefangenen konnte er befreien.

Begegnung mit dem König von Salem

17 Als Abram von seiner siegreichen Schlacht gegen Kedor-Laomer und dessen Verbündete zurückkehrte, zog ihm der König von Sodom ins Schawetal entgegen, das jetzt Königstal genannt wird.

18 Ebenso kam Melchisedek, der König von Salem, dorthin und brachte Brot und Wein mit. Er war Priester des höchsten Gottes. 19 Melchisedek sagte zu Abram:

 »Der höchste Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat,
 schenke dir seinen Segen, Abram!
 20 Gepriesen sei der höchste Gott,
 denn er ließ dich über deine Feinde triumphieren.«

Da gab Abram Melchisedek den zehnten Teil von allen Gütern, die er den Königen abgenommen hatte.

21 Der König von Sodom bat Abram: »Gib mir nur meine Leute zurück – alles andere kannst du behalten!«

22 Abram entgegnete ihm: »Ich schwöre bei dem HERRN, dem höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat: 23 Nicht einmal einen Faden oder Schuhriemen behalte ich von dem, was dir gehört! Du sollst niemals sagen können: ›Ich habe Abram reich gemacht!‹ 24 Nur was meine Männer verzehrt haben, gebe ich dir nicht zurück. Außerdem sollen meine Verbündeten Aner, Eschkol und Mamre ihren Beuteanteil bekommen. Ich aber will nichts davon!«

Gottes Bund mit Abram

15 1 Danach redete der HERR zu Abram in einer Vision:

»Hab keine Angst, Abram,
 ich beschütze dich wie ein Schild
 und werde dich reich belohnen!«

2-3 Aber Abram entgegnete: »Ach, HERR, mein Gott, was willst du mir denn schon geben? Du weißt doch, dass ich keinen Sohn habe, du selbst hast mir Kinder versagt. Und ohne einen Nachkommen sind alle Geschenke wertlos. Ein Diener meines Hauses – Eliëser aus Damaskus – wird meinen ganzen Besitz erben.«

4 »Nein«, erwiderte der HERR, »nicht dein Diener, sondern dein eigener Sohn wird den ganzen Besitz übernehmen!« 5 Er führte Abram aus dem Zelt nach draußen und sagte zu ihm: »Schau dir den Himmel an, und versuche, die Sterne zu zählen! Genauso werden deine Nachkommen sein – unzählbar!«

6 Abram nahm dieses Versprechen ernst. Er setzte sein ganzes Vertrauen auf den HERRN, und so fand er Gottes Anerkennung.

7 Daraufhin sagte Gott zu ihm: »Ich bin der HERR, der dich aus der Stadt Ur im Land der Chaldäer herausgeführt hat, um dir dieses Land hier zu geben.«

8 »HERR, mein Gott«, erwiderte Abram, »woher kann ich wissen, dass dieses Land einmal mir gehört?«

9-10 Darauf bekam er zur Antwort: »Bring mir eine dreijährige Kuh, eine dreijährige Ziege, einen dreijährigen Schafbock, eine Turteltaube und eine junge Taube; schneide sie mittendurch und lege die Hälften einander gegenüber. Nur die Tauben zerteile nicht!« Abram tat, was Gott ihm befohlen hatte; 11 und als Raubvögel sich auf die Tiere stürzten, verscheuchte er sie.

12 Bei Sonnenuntergang fiel Abram in einen tiefen Schlaf. Eine schreckliche Angst überkam ihn, und dunkle Vorahnungen beunruhigten ihn sehr. 13 Da sagte Gott zu ihm: »Ich vertraue dir jetzt etwas an, das in der Zukunft geschehen wird: Deine Nachkommen werden in einem fremden Land unterdrückt. Sie arbeiten dort als Sklaven – vierhundert Jahre lang. 14 Aber ich werde das Volk bestrafen, das sie dazu gezwungen hat. Mit großen Reichtümern werden sie von dort wegziehen; 15-16 nach vier Jahrhunderten kehren sie in das Land Kanaan zurück. Bis dahin leben die Amoriter in diesem Land, denn sie sind noch nicht reif für das Gericht. Du selbst wirst ein hohes Alter erreichen, in Frieden sterben und begraben werden.«

17 Die Sonne war inzwischen untergegangen, und es war dunkel geworden. Da sah Abram einen rauchenden Ofen, und eine Flamme fuhr zwischen den Fleischstücken hindurch. 18 So schloss der HERR einen Bund mit Abram und versprach ihm: »Ich gebe deinen Nachkommen dieses Land, von dem Bach, der die Grenze nach Ägypten bildet, bis zum mächtigen Euphratstrom – 19 das ganze Land, in dem jetzt die Keniter, Kenasiter und die Kadmoniter, 20 die Hetiter, Perisiter und die Refaïter, 21 die Amoriter, Kanaaniter, Girgaschiter und die Jebusiter wohnen.«

Abram und Sarai werden ungeduldig

16 1-2 Abram und Sarai konnten keine Kinder bekommen, da Sarai unfruchtbar war. Eines Tages schlug sie ihrem Mann vor: »Du weißt, dass der HERR mir Kinder versagt hat. Aber nach den geltenden Gesetzen kannst du mir durch eine Sklavin Kinder schenken. Darum überlasse ich dir meine ägyptische Magd Hagar. Vielleicht werde ich durch sie doch noch Nachwuchs bekommen!«

Abram war einverstanden, 3 und Sarai gab ihm die Ägypterin Hagar zur Nebenfrau, die ihr als Sklavin diente. Sie lebten zu der Zeit schon zehn Jahre im Land Kanaan. 4 Abram schlief mit Hagar, und sie wurde schwanger. Als Hagar wusste, dass sie ein Kind erwartete, sah sie auf ihre Herrin herab. 5 Da beklagte Sarai sich bei Abram: »Jetzt, wo Hagar weiß, dass sie schwanger ist, verachtet sie mich – dabei war ich es, die sie dir überlassen hat! Du bist schuld, dass ich jetzt so gedemütigt werde! Der HERR soll entscheiden, wer von uns beiden im Recht ist!«

6 »Sie ist dein Eigentum«, erwiderte Abram, »ich lasse dir freie Hand – mach mit ihr, was du willst!« In der folgenden Zeit behandelte Sarai Hagar so schlecht, dass sie davonlief.

7 Der Engel des HERRN fand sie an einer Wasserstelle in der Wüste auf dem Weg nach Schur 8 und fragte sie: »Hagar, du Sklavin von Sarai, woher kommst du und wohin gehst du?«

»Ich bin auf der Flucht vor meiner Herrin Sarai«, antwortete sie.

9 Da sagte der Engel des HERRN zu ihr: »Geh zu ihr zurück. Bleib ihre Sklavin und ordne dich ihr unter! 10 Ich werde dir so viele Nachkommen schenken, dass man sie nicht mehr zählen kann!

11 Du bist schwanger und wirst bald einen Sohn bekommen.
Nenne ihn Ismael (›Gott hört‹),
denn der HERR hat gehört,
wie du gelitten hast.
12 Dein Sohn wird wie ein wildes Tier sein,
das niemand bändigen kann.
Er wird mit jedem kämpfen und jeder mit ihm.
Voller Trotz bietet er seinen Verwandten die Stirn.«

13 Da rief Hagar aus: »Ich bin tatsächlich dem begegnet, der mich sieht!« Darum nannte sie den HERRN, der mit ihr gesprochen hatte: »Du bist der Gott, der mich sieht.« 14 Der Brunnen an dieser Stelle erhielt den Namen: »Brunnen des Lebendigen, der mich sieht«. Er liegt bekanntlich zwischen Kadesch und Bered.

15-16 Hagar ging wieder zurück. Sie bekam einen Sohn, und Abram nannte ihn Ismael. Abram war zu der Zeit 86 Jahre alt.

Kommentar

Empfang Gottes Gnade

Heute kommen wir an zwei entscheidende Passagen im Alten Testament, die darauf hinweisen, wie Gottes Gnade funktioniert.

1.\tEmpfange Gottes Gnade durch Jesus
Es beginnt mit einem seltsam und etwas konfus anmutenden Bericht über vier Könige, die fünf Könige besiegen. Dann taucht Abrahams Neffe Lot in der Erzählung auf, denn er wird von den vier Königen gefangen genommen (14,12) und bald darauf von Abraham gerettet (14,16). Bei seiner Rückkehr wird Abraham dann auf rätselhafte Weise von „Melchisedek gesegnet“ (14,18-20).

Hebräer 7 geht auf diesen Bericht ein und erklärt, dass die Stelle aus dem Alten Testament auf Jesus hindeutet. Melchisedeks Priesterschaft steht über allen anderen Priestern des Alten Testaments (levitisches Priestertum). Abraham, der Urgroßvater Levis (der aber „damals schon im Samen seines Ahnvaters Abraham gegenwärtig“ war) gab Melchisedek „ein Zehntel von allem“ (14,20). Damit erkannte Levi an, dass Melchisedek größer war als er.

Melchisedek ist ein Vorzeichen für Jesus, den obersten Hohepriester, dessen vollkommenes Opfer am Kreuz die Vergebung all unserer Sünden erwirkt hat. Damit wurde das alte Priestertum so zu sagen überflüssig und das System von Opfer und Vergebung beendet.

„Brot und Wein“ (14,18) sind ein Vorzeichen für das gemeinsame Abendmahl. Es deutet auf das eine, perfekte Opfer in Person Jesu hin, dessen Leib gebrochen und dessen Blut vergossen wurde, damit du und ich vollkommene Vergebung haben und Gottes Gnade empfangen können.

2.\tEmpfange Gottes Gnade im Glauben
Dann geht es weiter mit Gottes Verheißungen für Abraham. Obwohl er und seine Frau Sarah schon alt und kinderlos sind, soll ihre Nachkommenschaft so zahlreich wie die Sterne am Himmel werden. „Und Abram glaubte dem Herrn und der Herr erklärte ihn wegen seines Glaubens für gerecht.“ (15,6).

Das Neue Testament bezieht sich oft auf diesen Vers, denn er zeigt, dass Gnade, Vergebung und Gerechtigkeit durch Glauben erlangt werden – d.h. Gott glauben (s.a. Römer 4,1-5; Galater 3,6).

Dabei finde ich es ermutigend zu sehen, dass, obwohl Abraham in Hebräer 11 als einer der großen Glaubenshelden aufgezählt wird, er doch auch seine Zweifel hatte – wie wir in der Originalgeschichte nachlesen können.

Als ihre Gebete nach einem Kind scheinbar ins Leere laufen, schmieden Abraham und Sarah einen Plan, wie sie Gottes Verheißung mit menschlichen Mitteln nachhelfen können (16,1-2). Sie einigen sich darauf, dass Abraham mit Hagar schlafen soll; Ismael wird gezeugt (16,2-4). Eines führt zum anderen; und Sarah behandelt Hagar schlecht (16,5-6).

Hier wird Gott das erste Mal „el roi“, der Gott, der [mich] sieht genannt (16,13). Man kann sich schon einmal von Gott vergessen vorkommen, besonders in Augenblicken, in denen man sich, wie Hagar, unfair behandelt fühlt. Dann zu wissen, dass Er der Gott ist, der sieht, kann uns dabei helfen, im Glauben zu leben. Gott ist ein Gott, der dich mitten in Ihrer Wüste findet und sieht.

Der Gott, der sieht, ist ein gnädiger und barmherziger Gott. Das Neue Testament deutet an, dass Gott über die Schuld von Sarah und Abraham hinwegsieht, sie nicht anrechnet, und Sich nur an ihren Glauben erinnert (Hebräer 11,11-12).

Gebet

Herr, ich danke Dir für Deine unglaubliche Gnade und Barmherzigkeit, die durch das einmalige Opfer Jesu für mich möglich geworden ist. Jesus, der oberste Hohepriester ist, der für mich gestorben ist. Danke, dass ich mir Deine Gnade nie verdienen kann und muss, sondern dass ich sie als Geschenk für meinen Glauben bekomme.

Pippa fügt hinzu

Ist es nicht erstaunlich, dass Gott Abraham für „gerecht” erklärt hat, bei all dem, was er sich geleistet hat (s. 1. Mose 12,10-20)?

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Verweise

Diesen Texten liegt die englisch-sprachige Bible in one Year („BIOY“) von Nicki und Pippa Gumbel, London, England zugrunde, in der aktuelle Fassung von 2021.
Quellenangaben für Zitate im Text wurden dem englischen Original entnommen.
BIOY ist Teil von Alpha International. Alpha International ist eine Organisation („registered Charity“) in England und Wales (no. 1086179) und in Schottalnd(no. SC042906) und eine Gesellschaft privaten Rechts „by guarantee“ und registriert in England & Wales (no. 4157379). Der Hauptsitz ist „HTB Brompton Road SW7 1 JA London, England. © Copyright Alpha International 2021

Die Übersetzung aus dem Englischen wurde erstellt von: Dipl. Übersetzerin Wibke Kiontke, Allgemein ermächtigte Übersetzerin EN/DE, Certified Translator EN/GE, Gutensteinstraße 12, D-61250 Usingen
Sprecher: Jörg Pasquay, Milchberg 7, 86150 Augsburg www.wortmuehle.de und Susanne Pasquay („Noch ein Gedanke meiner Frau“)

Die Bibeltexte (Lesungen) sind der Übersetzung „Hoffnung für alle®“ entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®. Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis, Basel.“

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